So hilft SIE, Impotenz gemeinsam mit IHM zu lösen
Was tun, wenn es im Bett nicht klappt, weil ER nicht kann? Ein Problem, das viele Männer irgendwann kennenlernen. Und eines, das auch die Partnerin angeht. Denn bei Impotenz hilft vor allem eins: viel Verständnis und ein gemeinsamer Lösungsweg.
Es gibt kaum etwas, wovor Männer sich mehr fürchten: impotent zu sein. Wenn es plötzlich im Bett nicht mehr klappt, weil er nicht kann, ist das häufig ein Schock. Er wird Versagensängste spüren – ein Problem, von dem bislang doch höchstens die anderen betroffen waren ...
Doch auch für Frauen ist es ein Hin und Her zwischen Frust und Selbstzweifeln. Schließlich denken nicht wenige, dass sie nicht mehr begehrenswert sind, sobald ihr Partner Schwierigkeiten im Bett hat. Insofern ist es am besten, Impotenz gemeinsam zu lösen. Wie das aussehen und was die Frau dabei tun kann.
Impotenz gemeinsam lösen: Das kann SIE tun
Betroffene stehen damit alles andere als alleine da: In Deutschland leiden etwa sechs Millionen Männer an Potenzproblemen. Vorwiegend ab dem 40. Lebensjahr, viele sind jedoch auch jünger. BILD der FRAU hat mit Stefan Hennings von der "Impotenz Selbsthilfe Gemeinschaft" gesprochen.
Herr Hennings, woher rührt Impotenz in den meisten Fällen?
Stefan Hennings: Grob gesagt, können die Ursachen der erektilen Dysfunktion in organische und psychische Ursachen unterteilt werden. Bei den organischen Ursachen wird weiterhin in folgende Ursachen unterschieden:
- vaskuläre (Durchblutung)
- neurogene (Schädigung des Nervensystems)
- endokrine (Hormonstörung) und
- kavernöse (Gewebeschädigung des Schwellkörpers)
So hängt die erektile Dysfunktion oftmals mit weiteren Krankheiten zusammen. Die Verbindung ist dabei gegenläufig, die erektile Dysfunktion ist auch oft erstes Anzeichen einer schwereren Erkrankung, beispielsweise einer koronalen Herzerkrankung – der Penis kann sozusagen als Frühwarnsystem angesehen werden.
Beispiele für weitere Krankheitsbilder im Zusammenhang mit einer anhaltenden erektilen Dysfunktion sind:
- vaskuläre Krankheitsbilder
- Bluthochdruck
- Arterienverkalkung
- Multiple Sklerose
- Morbus Parkinson
- Multisystematrophie
Eine psychische Ursache der erektilen Dysfunktion (ED) liegt dann vor, wenn in einer gewünschten Situation das Gehirn die für eine Erektion erforderlichen Nervensignale nicht aussendet. Der sexuelle Reiz wird vom Gehirn nicht so weiterverarbeitet, wie es eigentlich vorgesehen ist. Dabei sind die spezifischen psychischen Ursachen vielfältig.
Wie sollte die Partnerin reagieren?
In erster Linie mit viel Verständnis, keine destruktive Kritik äußern, Raum für Versagen lassen und möglichst viel Interesse zeigen. Denn nur gemeinsam kann eine lang andauernde Erektionsstörung durchgestanden werden. Kritik, Ärger und Druck sind absolut kontraproduktiv – der Betroffene wird sich so weiter zurückziehen, gerade bei psychischen Ursachen kommt es so meist zu einer Steigerung der Erkrankung.
Angst und Scham vorm Versagen
Bei psychischen Ursachen ist es immens wichtig, die Erwartungen anzusprechen und realistisch einzuschätzen. Wenn physische Ursachen vorliegen, kann durch eine negative Reaktion sehr einfach negativer emotionaler Druck erzeugt werden. Dazu zählt:
- sich als Versager zu fühlen
- Scham darüber, kein richtiger Mann zu sein
- die Partnerin nicht mehr sexuell zu befriedigen
- Angst vor dem Verlassenwerden
- Angst vor dem Bekanntwerden des Problems und damit
- Angst vor der Gefahr, zum Subjekt von Spott und Hohn zu werden
Was sollte die Partnerin auf keinen Fall tun?
- Die Heilung der Impotenz alleine lösen wollen, Schuld zuweisen oder sich zurückziehen und so zu tun, als ob nichts wäre.
- Gehen wir von einer psychischen Ursache aus: Schuldzuweisungen, Ärger, Unverständnis (sind bei organischen Ursachen eher selten – es sei denn, es liegt ein allgemein schlechter Fitnesszustand vor).
- Beim Gespräch: Kein Drängen, kein Abwiegeln, kein Dominieren des Gesprächs. Zuhören und ein konstruktiver Austausch bewirkt oft eine große Erleichterung.
Was, wenn ER IHRE Reaktion als zu viel Mitleid empfindet?
Das ist eine normale, recht häufige Reaktion. Selten möchte ein Mann in den Arm genommen werden, wenn sein Penis nicht "funktioniert".
Ein guter Tipp ist, die Gefühle aus der persönlichen Sicht anzusprechen ("Ich brauche…"), konkrete Beispiele können immens helfen, Verallgemeinerungen können unter Umständen verletzen und die Situation verschlechtern.
Offenes und schonungsloses Gespräch statt Mitleid
Gleichzeitig gehört auch mehr zur Behebung der Erektionsstörung, als nur die Symptome zu behandeln. Insbesondere wenn die Ursache der erektilen Dysfunktion noch nicht abschließend geklärt ist, kann die Partnerin mit dem Betroffenen gemeinsam vielleicht gedanklich erkunden, wie das Problem entstanden sein könnte.
Mitleid ist in diesem Fall kein gutes Mittel – ein konstruktives, ehrliches, aber auch schonungsloses Gespräch kann über das Thema Erektionsstörung hinaus wichtige Erkenntnisse zu geänderten Lebensumständen oder Veränderungen in der Partnerschaft liefern.
Kann eine Trennung auf Zeit hilfreich sein?
Wenn der Druck auf die Betroffenen, da schließe ich beide – Mann und Frau – ein, zu hoch wird, kann ein räumlicher Abstand für eine Zeit sinnvoll sein. Ein gemeinsames Bewältigen der Situation stärkt die Beziehung allerdings deutlich.
Wichtig bei einer zeitlichen Trennung ist auf jeden Fall, dass beide Akteure die Krankheit als solche akzeptieren und individuell überlegen, wie sie sich Hilfe holen (Freunde, Selbsthilfegruppen, professionelle Hilfe). Ohne einen konstruktiven Lösungsansatz ist eine Trennung auf Zeit eher eine Trennung.
Alternativ gibt es weitere Ideen, wie die Partner in ein Gespräch kommen. Beispielsweise können beide unter Anleitung oder Hilfe die Kommunikation miteinander verstärken. Partnerseminare, Eheberatung oder Paartherapie sind hier Möglichkeiten. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann dabei helfen, mit der Partnerin das Gespräch zu suchen.
Psychische Ursachen können oft besser behandelt werden
Wann können Männer mit "Besserung" rechnen?
Das ist komplett individuell von der Art der erektilen Dysfunkion abhängig. Im ersten Schritt sind die Ursachen (organisch oder psychisch) zu klären. Liegen organische Ursachen vor, kann gegebenenfalls über operative Eingriffe, mechanische Hilfsmittel, lokal anzuwendende Medikamente oder orale Medikamente eine Besserung eintreten – das ist selbstverständlich nur durch den Besuch bei einem Facharzt zu klären. Erfahrungsgemäß sollte hier jedoch keine allzu große Hoffnung geschürt werden.
Psychische Ursachen können oft besser und schneller behandelt werden, hier kann oft recht schnell Besserung der Krankheit eintreten – ohne einen Austausch mit der/dem Partner/in oder professionelle Unterstützung kann es jedoch in die komplett andere Richtung laufen. Dann befinden sich die Betroffenen oftmals in einem Teufelskreis aus negativen Emotionen, aus dem sie alleine nicht mehr rauskommen.
Wo können sich Betroffene Hilfe holen?
Professionelle psychologische Betreuung und der Arzt des Vertrauens sind wichtige Anlaufstellen, desweiteren finden Betroffene eine ausführliche Übersicht von Selbsthilfegruppen und Sprechstunden für Erektionsstörungen unter impotenz-selbsthilfe.org.
Der erste Schritt: Akzeptanz der Situation
Was sind die größten Fehler, die in solchen Situationen begangen werden?
Das schwierige ist, nicht in ein Loch zu fallen, Angst vor dem Thema und mit dem realistischen Auseinandersetzen zu bekommen. "Was, wenn es nie wieder klappt? Was, wenn ich meine Partnerin nicht mehr glücklich machen kann?" Der erste Schritt ist die Akzeptanz der Situation, darauf lassen sich Lösungansätze aufbauen.
Gespräche über die Angst und der Austausch mit anderen Betroffenen kann unglaublich erleichternd sein – mit einer Erektionsstörung ist man mit Sicherheit nicht alleine in Deutschland, aber die Hilfe aktiv zu suchen und anzunehmen kostet für viele anfänglich eine große Überwindung.
Was ist, wenn alles nichts hilft?
Selbst wenn die ärztliche Behandlung erfolgreich ist und ein wirksames Hilfsmittel gefunden wurde, sind die bei einigen Hilfsmitteln notwendigen Vorbereitungen nicht unbedingt erotisch. So wird nicht nur in der Zeit der Erektionsstörungen aufgrund des einseitigen Bildes von Sex auf Geschlechtsverkehr verzichtet, sondern in manchen Fällen auch trotz eines wirksamen Potenzmittels.
Sexualität ist viel mehr als der reine Geschlechtsakt
Dabei muss ein Paar keineswegs bei einer erektilen Dysfunktion auf sein Sexualleben verzichten. Sexualität bedeutet wesentlich mehr als das in der Gesellschaft häufig beschriebene Bild eines "normalen" Geschlechtsakts.
Ihr persönlicher Tipp an Betroffene
Wenn Sie in einer Partnerschaft sind: sprechen Sie miteinander! Ohne Kommunikation werden Sie sich in einem Teufelskreis aus negativen Emotionen wie Angst und Wut drehen. Seien Sie mutig und akzeptieren Sie die Veränderung, suchen Sie sich Hilfe von Experten oder anderen Betroffenen. Versuchen Sie auf keinen Fall, sich selbst zu therapieren!
Mein Fazit zum Schluss: Auch ohne Erektion kann man durchaus ein erfüllendes Sexualleben führen.
Lesen Sie hier Infos und Artikel rund ums Thema Sex. Wer sich mit der "Impotenz Selbsthilfe Interessengemeinschaft" weiterhelfen möchte, findet dort weitere Ratschläge und Adressen.