Trennungsmonat Januar: Warum jetzt so viele Beziehungen zerbrechen
Wusstest du, dass im Januar Beziehungen besonders häufig zu zerbrechen drohen? Wie es zu diesem Trennungsmonat kommt und wie Paare damit umgehen sollten, verrät unser Experte.
Zu bestimmten Zeiten im Jahr sind Beziehungen besonders gefährdet, in die Brüche zu gehen: Ganz vorne dabei ist der Januar. Warum gerade dieser Monat? Weil die erste Euphorie, die das neue Jahr mit sich bringt, längst verflogen ist: Die guten Vorsätze bleiben auf der Strecke, Unzufriedenheit macht sich breit. Und so kommt es, dass es bei Paaren noch ein wenig mehr knirscht als möglicherweise ohnehin schon – und sich erfahrungsgemäß mehr von ihnen als sonst trennen.
Logisch, dass dieser Sachverhalt auch Eric Hegmann in seiner Eigenschaft als Paarberater und Parship-Coach bekannt ist: Der Beziehungsexperte, der in seiner Modern Love School Online-Kurse rund um Beziehungsthemen anbietet, spricht im Interview mit BILD der FRAU über den Trennungsmonat Januar, warum Partnerschaften dann häufiger zerbrechen oder zumindest kurz davorstehen – und wie Betroffene damit umgehen sollten.
Trennungsmonat Januar – ein Experte über die Zeit der Bewährungsprobe für Beziehungen
BILD der FRAU: Lieber Herr Hegmann, warum trennen sich im Januar mehr Paare als sonst?
Eric Hegmann: Statistisch werden zu Beginn des Jahres mehr Trennungen gezählt, ebenso verzeichnen Paartherapeut*innen mehr Nachfragen von Paaren, die Unterstützung suchen, und das Bedürfnis nach Hilfe bei der Bewältigung von Liebeskummer ist größer als in anderen Monaten.
Es sind nach meiner Erfahrung aber meist weniger akute Krisen oder eskalierende Konflikte, die bei vielen Paare im Januar zu Trennungen führen, als vielmehr das Bedürfnis, das neue Jahr mit Veränderungen zu beginnen. Viele fragen sich zum Jahreswechsel: "Will ich so weitermachen wie bisher? Oder möchte ich etwas verändern?"
Neujahrsvorsätze beziehen sich nicht nur auf Sport, Diät oder gesunde Ernährung. Auch eine allgemeine Unzufriedenheit wird manchmal auf die Partnerin oder den Partner projiziert, also ihm oder ihr die Schuld dafür zugewiesen – ob berechtigt oder nicht, sollte allerdings geprüft werden.
Partner*innen sind nicht dafür verantwortlich, ob man glücklich ist
Trennen oder nicht: Was kann bei der Entscheidungsfindung helfen?
Im Gespräch stelle ich häufig die Frage: "Wenn Sie sich vorstellen, es ist ein Jahr später, wir sitzen hier zusammen, nichts hat sich verändert. Was macht dieser Gedanke mit Ihnen?" Nicht selten erhalte ich die Antwort: "Das wäre furchtbar. Ich hätte ein ganzes Jahr verschwendet." Auch diese Antwort muss noch nicht bedeuten, dass eine Trennung unabwendbar wäre – ein sehr deutliches Warnsignal ist sie aber auf jeden Fall.
Ich empfehle eine Abwägung jener Aspekte der Beziehung, die einem guttun und jener, die einen unglücklich machen. Danach sollte aber noch eine Überprüfung erfolgen, wer daran welche Anteile hat – dabei muss ehrlich der Blick auf die eigenen geworfen werden.
Partner*innen sind ja nicht dafür da, einen glücklich zu machen, ebenso wenig wie sie der Grund sein sollten für schwierige und schmerzhafte Situationen. Wichtig sind etwa Fragen zur Beziehungszufriedenheit, zur gemeinsamen Perspektive und der gelebten und geschaffenen Werte, also eine Art Beziehungs-Anamnese. Vorschnelle Entscheidungen werden leider eben auch häufig in Rahmen der guten Vorsätze gemacht.
ANZEIGE: Alle können Liebe lernen! Für Paare und Singles: Hier findest du alle Online-Kurse und Tests der Modern Love School rund um Partnersuche, Beziehung und Liebeskummer.
Ohne Optimismus und den Glauben an eine gemeinsame Zukunft geht es nicht
Was können Paare tun, um ihre Beziehung zu festigen?
So schwer es fällt: diese Gedanken der Zweifel anzusprechen. Das muss sein, auch wenn es schmerzhaft wird. Denn wenn Partner*innen dauerhaft der Optimismus abhandenkommt, dass man miteinander auch in zehn Jahren noch eine gute Zeit verbringen würde, nimmt die Bereitschaft stetig ab, in die Liebe zu investieren.
Gleichzeit festigt das Wissen über gemeinsam gemeisterte Krisen die Verbindung. Ohne Moderation eines Außenstehenden kann es leicht passieren, dass ein solches Gespräch tatsächlich eskaliert. Haben Personen den Eindruck, dass sie alleine mit dem/r Partner*in in eine negative Dynamik geraten könnte, empfehle ich ihnen professionelle Unterstützung dabei.
Wenn es zur Trennung kommt: Vollziehen Frauen oder Männer sie eher?
Frauen ziehen häufiger einen Schlussstrich. Nach einer Parship-Studie haben sich bei knapp 48 Prozent der Trennungen die Frauen entschieden – und nur bei 28 Prozent die Männer. Jedes vierte Paar trennt sich allerdings in gegenseitigem Einvernehmen.
Wie geht es weiter nach einer Trennung?
Der Januar ist nicht nur DER Trennungsmonat des Jahres, sondern auch der Monat des Liebeskummers. Und nicht nur die Verlassenen müssen ein Beziehungsaus verarbeiten – auch diejenigen, die die Trennung initiiert haben, müssen mit der neuen Situation erst einmal zurechtkommen. Liebeskummer ist ja auch ein Entzug. Einerseits von gewohnten Ritualen, Berührungen und Gesprächen, aber auch biochemisch, es fehlen nämlich die sogenannten Bindungs- und Kuschelhormone wie bspw. Oxytocin.
Trennungen und Liebeskummer sind auch psychologisch massive Veränderungen, die zu Anpassungsstörungen und depressiven Phasen führen können. Ich warne davor, Liebeskummer zu leicht zu nehmen – häufig zeigen sich erst mittelfristig Symptome, wenn die Trauer und der Verlust einfach verdrängt werden.
Viele nehmen Liebeskummer nicht ernst genug
Wie lässt sich Liebeskummer überwinden?
Verlassen werden und Verlust gehören wohl zu den schmerzhaftesten Erfahrungen, die Menschen machen können. Und dabei ist häufig egal, ob man verlassen hat oder verlassen wurde. Der Wunsch nach Bindung ist uns als sozialen Menschen sozusagen einprogrammiert, bereits die Furcht vor Trennung sorgt für diverse Schutzstrategien, wie sich letztlich in jeder Beziehungskrise oder in jedem heftigen Beziehungsstreit zeigt. Wer Angst verspürt, reagiert mit Flucht, Angriff oder Starre, das gilt für Gefahrensituationen ebenso wie für die Furcht, den/die geliebte*n Partner*in zu verlieren.
Deshalb ist es so wichtig, Liebeskummer ernst zu nehmen, denn nicht verarbeitete Ängste verhindern und blockieren im schlimmsten Fall eine neue Beziehung: Die Sorge, erneut verletzt werden zu können, kann unbewusst zu bindungsängstlichen Verhaltensweisen führen, beispielsweise die Überzeugung, dass man niemandem mehr vertrauen könne oder Nähe nicht mehr zulassen kann, weil diese verletzlich macht. Auch überstürzt eingegangene Abenteuer zur Ablenkung helfen bei Trennungsschmerz nur kurzfristig – und schon gar nicht Betäubung durch Alkohol.
Ich empfehle nach einer Trennung deshalb grundsätzlich die Verarbeitung des Liebeskummers auf professionelle Art. Beispielsweise mit eine*r Psycholog*in oder Psychotherapeut*in oder mit einem wissenschaftlich fundierten Online-Kurs. Der Liebeskummer vergeht dadurch auch nicht sofort, aber eben meist schneller – und vor allem hilft es, in der Zukunft eine neue Beziehung eingehen zu können, die nicht alte Konflikte wiederholt.
➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann findest du hier, und hier geht's zur Modern Love School. Dort gibt es auch passende Online-Kurse zum hier besprochenen Thema.
Weitere Themen rund um Beziehungen, für die uns Eric Hegmann Rede und Antwort stand:
- Muss der Alltag wirklich immer zum Liebeskiller werden?
- So gefährlich sind Kryptonit-Menschen für Frauen
- Warum es nicht immer sinnvoll sein muss, einen Seitensprung zu beichten