Dating-Phänomen Stashing: Wenn der/die Liebste vor allen versteckt wird

Wer sich auf eine Beziehung einlässt, tut das in der Regel, weil er schwer verliebt ist und sein Glück am liebsten in die Welt hinausschreien würde – zumindest es aber kaum erwarten kann, den/die Liebste*n Freundinnen und Freunden, aber auch der Familie vorzustellen. Sollte man meinen. Manchmal tritt allerdings auch das ein, was sich Dating-Phänomen Stashing nennt. Dann wird die neue Flamme versteckt, ja geheim gehalten – niemand lernt sie kennen. Warum nur?

Das weiß Eric Hegmann. In seiner Arbeit als Paarberater hat er mit allen möglichen Phänomenen zu tun, die Menschen in einer Partnerschaft betreffen – zu Beziehungsthemen aller Art bietet er in seiner Modern Love School zahlreiche Online-Kurse an. Mit BILD der FRAU hat der Experte über Stashing gesprochen.

Niemand kennt den/die neue Partnerin: Unser Experte erklärt das Dating-Phänomen Stashing

BILD der FRAU: Lieber Herr Hegmann, was genau bedeutet Stashing?

Eric Hegmann: In jeder Kennenlernphase gibt es so etwas wie Milestones, also Stationen, die Partnerinnen und Partnern Sicherheit geben, dass das, was sie da tun, sich gut anfühlt und eine gemeinsame Zukunft möglich ist. Diese sind nötig, um sich geborgen und vertraut zu fühlen, sie geben Bestätigung und Mut und sorgen für Selbstvertrauen. Welche das sind, ist allerdings individuell unterschiedlich und hat viel mit der eigenen Biografie zu tun.

Die neue Partnerin bzw. den neuen Partner im Freundeskreis und der Familie vorzustellen, sind ganz sicher wichtige Stationen. Nach einer Studie von Parship unterscheiden sich hier die Bedürfnisse von Frauen und Männern: Frauen stellen ihre Partner eher vor, wenn sie sich ganz sicher sind, dass der Mann an ihrer Seite der Richtige ist. Meist dauert das einige Monate – vorangegangen sein müssen gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse. Männer hingegen genügt eher die eigene Entscheidung: "Das ist sie!" Das kann auch schon früher erfolgen. Die Meinung der Familie ist beinahe drei Viertel der Befragten wichtig.

Was aber nun, wenn der Schwarm die Vorstellung bei Eltern, Freundinnen und Freunden und den Umgang mit ihnen vermeidet? Dieses Phänomen hat jüngst die Bezeichnung Stashing erhalten. Stashing bedeutet so viel wie "verstauen" oder "verstecken". Damit wird ausgedrückt, dass der/die Partner*in den/die andere*n vor dem eigenen sozialen Netz versteckt und fernhält, manchmal sogar gänzlich vor der Öffentlichkeit.

Betroffene haben oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein

Was verursacht Stashing bei betroffenen Personen?

Verstecken kann man den/die Partner*in in vielerlei Hinsicht: Manche Singles klagen, außer Sofa und Bett hätten sie vom Lebensraum des neuen Kontaktes gar nichts kennengelernt. Keine Bar, kein Restaurant, keinen Club – nicht mal Lieferservices und Streaming-Dienste, was zuletzt dank Corona ja stark zugenommen hat.

Stashing vermittelt der/dem "verstauten" Partner*in das Gefühl, nicht gut genug zu sein für Familie und Freundeskreis. Dadurch werden Zweifel genährt, ob sich aus dem Kontakt wirklich eine Beziehung entwickeln kann. Der Volksmund sagt: "Zeige mir deine Freunde und ich sage dir, wer du bist." Für die versteckt gehaltene Person kann es sich auch darstellen, dass dem/der anderen die eigene Familie oder der Freundeskreis peinlich ist. Stashing lässt viele schmerzhafte Fragen zu.

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Inwiefern hat Stashing mit der Digitalisierung zu tun?

Die meisten Kontakte vor dem Siegeszug der Dating-Apps wurden über den Freundeskreis, den Arbeitsplatz, die Freizeit, also im weitesten Sinne innerhalb des sozialen Netzwerkes, geknüpft. Vor dem Zeitalter der Dating-Portale war es eben kein Massenphänomen, Menschen kennenzulernen, die man sonst nie getroffen hätte.

Das bedeutet: Noch vor wenigen Jahren stammte der neue Kontakt irgendwie immer aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis, heute muss er erst dort integriert werden. Wer diesen Mut zu Beginn des Kennenlernens nicht aufbringen kann, ist vermutlich für spätere Herausforderungen in einer Beziehung auch nicht unbedingt gut gerüstet.

Meistens ist Stashing mit langfristigen Beziehungen nicht zu vereinbaren

Was sind die Ursachen für Stashing?

Die Gründe fürs Stashing können vielfältig sein. Möglicherweise ist da tatsächlich kein Interesse an einer festen Beziehung – und weil die Vorstellung beispielsweise bei den Eltern als ein Milestone der Kennenlernphase gesetzt ist, wird genau dieser vermieden. In der Praxis habe ich aber auch schon Fälle erlebt, wo ein Partner nach dem Tod seiner Frau, die im Freundeskreis sehr beliebt war, es nicht wagte, eine neue Partnerin mitzubringen. Der wahrscheinlichste Grund für Stashing ist aber wohl, dass die Beziehung von demjenigen, der es ausübt, nicht auf langfristige Zukunft angelegt ist.

Was raten Sie Personen, die von Stashing betroffen sind?

Hat eine Person den Eindruck, sie wird versteckt, sollte sie diese Befürchtung auch mitteilen. Beispielsweise zu kommunizieren, dass dies als verletzend empfunden wird und für viel Unsicherheit und Grübeln sorgt. Denn eigentlich sollte es doch gut tun und regelrecht als Push empfunden werden, von der neuen Partnerin oder dem neuen Partner voller Stolz als der oder die Neue an der Seite präsentiert zu werden.

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Neben Stashing gibt es auch diese Dating-Phänomene: 

• Dating-Phänomen Orbiting: Wenn jemand da – und doch nicht da ist
• Dating-Trend Hardballing: Was daran wirklich knallhart ist
• Cuffing – wenn eine Partnerschaft nur im Winter erwünscht ist.

Eine ganze Reihe von "Warnzeichen in Beziehungsphasen" haben wir in unserer umfangreichen Serie für dich zusammengefasst:

• Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 1: Love Bombing
• Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 2: Fast Forwarding
• Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 3: Gaslighting
• Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 4: Flying Monkeys
• Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 5: Hoovering
• Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 6: Firedooring