Kontrollwahn, Gewalt, Paranoia

Was das Othello-Syndrom in Beziehungen so gefährlich macht

Älterer Mann gestikuliert verärgert, während eine ältere Frau mit geschlossenen Augen die Ohren zuhält und genervt wirkt.
© Getty Image / Fabio Camandona
Immer und immer wieder kommt er mit den gleichen Vorwürfen und Verdächtigungen...? Vorsicht vor dem Othello-Syndrom!

Innerhalb einer Beziehung ein bisschen eifersüchtig zu sein, mag für manche ja irgendwie noch ganz süß sein. Wenn das Ganze aber ausartet wie beim Othello-Syndrom, sollten die Alarmglocken schrillen!

Darf ein Mann seiner Liebsten verbieten, tanzen zu gehen? Kann eine Frau darauf bestehen, dass ihr Partner nach dem Kongress sofort nach Hause kommt und nicht mehr mit Kolleginnen und Kollegen in eine Bar geht?

Retroaktive Eifersucht: Was steckt dahinter?

Ein wenig Eifersucht gehört für viele zu einer Beziehung dazu: Logisch, bei allem Vertrauen soll es schließlich auch nicht ganz egal sein, wann, warum und mit wem die bessere Hälfte unterwegs ist. Wenn es aber bei der/dem Partner*in zum Othello-Syndrom ausartet, solltest du dringend handeln!

Achtung, wenn das Othello-Syndrom in einer Beziehung ausbricht

Wann und wo hat der erste leise Zweifel in der Partnerschaft angefangen? Warum ist das Ganze dann in eine solche Schieflage geraten, dass sich daraus eine pathologische Eifersucht entwickelt hat? Ein anderer Name dafür ist das Othello-Syndrom oder auch eheliche Paranoia – die krankhafte Vorstellung, dass die/der Lebenspartner*in fremd geht, ohne dass für diese Annahme berechtigte Gründe vorlägen. Vollkommen übersteigerte Eifersucht ist nicht nur krankhaft, sondern auch krankmachend. Fast immer führt sie dazu, dass Beziehungen dadurch zerstört werden.

Verstärkt wird das alles, wenn noch Wahnvorstellungen dazu kommen: Laut der Webseite "Medizin kompakt" kann die Meinung oder vielmehr zwanghaften Phantasien der betroffenen Person nicht mehr geändert werden, sie kann sich nicht mehr von ihrer Fehleinschätzung distanzieren. Und weiter: "Bei Männern kommt dazu noch eine hohe Gewaltbereitschaft." Die Aggressivität richte sich dabei immer gegen die Partnerin. Das könne sogar so weit führen, dass es zum Mord komme.

Der Name des Syndroms leitet sich übrigens von der krankhaft eifersüchtigen Hauptfigur der berühmten Shakespeare-Tragödie "Othello, der Mohr von Venedig" ab. Darin endet die Eifersucht für den Feldherren Othello tödlich: Erst bringt er seine vermeintlich untreue Ehefrau Desdemona um und schließlich sich selbst.

Welche Menschen zum Othello-Syndrom neigen

Fast immer sind es unsichere Menschen, bei denen das Othello-Syndrom zum Tragen kommt, wie es Beziehungs-Experte Mathias Voelchert BILD der FRAU gegenüber schildert: "Eifersucht ist auch ein starker Mangel an Selbstwertgefühl. Je stabiler ich bin, umso weniger komme ich in die Versuchung, Kontrollanrufe zu machen, in die Privatsphäre der Partnerin oder des Partners einzudringen zu wollen oder ähnliches. Wenn Ihre Lebensqualität durch Ihre Eifersucht beeinträchtigt wird, ist es Zeit, sich Hilfe zu holen."

Life Coach Ekke Scholz sieht noch eine weitere Komponente: "Menschen mit Othello-Syndrom haben oft eine Alkoholsucht oder sind an Depressionen oder anderen psychischen Störungen erkrankt. Das verstärkt ihre Wahnvorstellungen. Da die Betroffenen vermeintlich betrogen werden, kocht in ihnen eine unbändige Wut hoch, die sich in Gewalttätigkeit entladen kann."

Und Paarberater Eric Hegmann sagt BILD der FRAU gegenüber: "Häufig sind es Menschen, die bereits einmal betrogen wurden, also schmerzhafte Erfahrungen mit Vertrauensverlust gemacht haben. Sie begründen dann ihre Gefühle mit zuvor erlebtem Unrecht. Doch Eifersucht wird nahezu immer zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Die kontrollierte und überwachte Person wird irgendwann versuchen, sich zu befreien. Mittelfristig wird das auch mit einer neuen Partnerin bzw. einem neuen Partner so sein. Der extrem eifersüchtige Mensch treibt seine*n Liebste*n geradezu in die Arme eines anderen. Das wird er aber oft nicht so erleben, sondern vielmehr als Bestätigung seiner Ängste. So entsteht ein Kreislauf aus Eifersucht, Kontrolle und Verlust."

Das sind die Symptome des Syndroms

Beziehungs-Coach Emanuel Albert ist auf Tiktok und Instagram, Youtube und dem eigenen Blog zu finden. Der sogenannte Date-Doktor nennt auf seiner Webseite fünf Symptome, die auf das Othello-Syndrom schließen lassen:

  • Realität und Wahn können nicht mehr auseinandergehalten werden.
  • Körperliche Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche oder auch das Gegenteil, nämlich eine Art Schockstarre, treten auf.
  • Wie bei einer Sucht ist die Kontrolle des/der Partner*in ein MUSS! Handy und Social-Media-Accounts werden durchstöbert, ist sie/er unterwegs, wird ihr/ihm nachspioniert.
  • Traurigkeit und Einsamkeit dominieren in Kombination mit vielen Tränen und dem Gefühl, wertlos zu sein. Alles dreht sich nur noch um die Frage: 'Wie schaffe ich es, andere Personen von meiner/m Partner*in fernzuhalten?'
  • Die/der Partner*in wird aus Verzweiflung körperlich und psychisch bedroht.

Egal, ob du diese Anzeichen an dir selbst oder deiner/m Liebsten wahrnimmst – wenn es so weit gekommen ist, hilft wirklich nur noch eins: sofort Fremdhilfe in Anspruch nehmen!

Quellen:
medizin-kompakt.de, datedoktoremanuel.de, ekke-scholz.de
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