Kaum getrennt, schon die nächste...

Können Männer wirklich schlecht allein sein?

Nachdenklicher Mann mittleren Alters, der entspannt auf einem Sofa sitzt und aufmerksam ein Foto in einem Rahmen betrachtet.
© Getty Images / luza studios
Können Männer wirklich nicht alleine sein? Neigen sie mehr als Frauen dazu, sich gleich in eine neue Beziehung zu stürzen? Was ein Experte dazu sagt.

Nachdenken, warum die Liebe gescheitert ist? Eine Pause machen? Bei IHM häufig Fehlanzeige. Stattdessen heißt es: die Nächste, bitte! Können Männer wirklich nicht allein sein? Und wenn ja, warum eigentlich nicht? Ein Experte klärt auf.

Was gibt es Schöneres, als frisch verliebt zu sein? Was gibt es Einfacheres, als damit einfach einen Trennungsschmerz schnell zu übertünchen? Männer können schlecht allein sein, heißt es – sie flüchten sich nur allzu gern nach einer gescheiterten Beziehung in eine neue, und zwar ganz schnell. Die Devise: bloß nicht darüber nachdenken müssen, warum es nicht gehalten und man das Scheitern möglicherweise sogar mitverschuldet hat. Und den Schmerz aushalten: nein danke, das schon gar nicht!

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Aber stimmt das überhaupt? BILD der FRAU hat mit Eric Hegmann über das den Männern angelastete Verhaltensmodell gesprochen. Der Paarberater und Parship-Coach bietet in seiner Modern Love School viele Online-Kurse rund um Beziehungsthemen an. Ob Männer wirklich so ticken, und wenn dem so ist: wieso eigentlich? Das erfährst du hier.

Beziehungsexperte verrät, ob Männer wirklich schlecht allein sein können

BILD der FRAU: Lieber Herr Hegmann, wechseln Männer wirklich so schnell von einer Beziehung in die nächste? Und wenn ja, warum?

Paar-Therapeut Eric Hegmann | © Robert Hilton
Foto: Robert Hilton
Eric Hegmann, Paarberater und Parship-Coach aus Hamburg

Eric Hegmann: Jein. Bei Männern ist es statistisch gesehen tatsächlich relevant, dass sich viele in neue Beziehungen stürzen – gleichzeitig sind die Abstürze von Männern nach einer Trennung bis hin zu Obdachlosigkeit und Suizid ebenfalls drastisch höher als bei Frauen.

Als gängige Erklärung gilt: Im sozialen Umfeld von Männern ist die Möglichkeit von emotionalem Austausch nicht groß. Es wird mehr Smalltalk gehalten, natürlich über Sachthemen wie Beruf und Freizeit gesprochen, aber weniger über Sorgen, Ängste, Hoffnungen und Bedürfnisse. Das hilft aber nicht gegen Einsamkeit.

Und hinzukommt, dass vermieden werden soll, vor anderen Männern schwach und bedürftig, ja "unmännlich" zu wirken. Wurde der Mann auch noch verlassen, womöglich wegen eines anderen, ist das Bedürfnis besonders groß, sich rasch wieder "stark" zu geben und die Erwartungen an das Rollenbild zu erfüllen.

Suchen sich Männer häufig eine "Trostpartnerin" für die schmerzhafte erste Zeit nach der Trennung?

Eine Übergangs-Partnerschaft ist eher für Männer typisch, das stimmt, aber grundsätzlich ist es eher eine Frage der Persönlichkeit und der Art der Verarbeitung von Trennungen und manchmal auch des Trennungsgrundes. Wer ohne eine nachvollziehbare Erklärung verlassen wurde, leidet meist länger, weil das Grübeln über das Warum die für eine Heilung nötige Erkenntnis verzögert. Das kann dann gedanklich schnell auch mal in etwa diese Richtung gehen: 'Nur dadurch, dass diese unglückliche Beziehung zu Ende gegangen ist, bin ich frei für eine glückliche Beziehung geworden.'

Allerdings werden zwei Drittel aller Beziehungen von den Frauen beendet, auch deshalb leiden Männer unter Trennungen statistisch gesehen länger und mehr.

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Männer leiden mehr unter einem Beziehungs-Aus – eine neue Liebe kann sie auch schützen

Also haben es Männer eigentlich schwerer nach einem Beziehungsaus, sie gehen mit dem Schmerz nur anders um?

Reiferes Paar, das glücklich und erleichtert auf dem Boden ihres neuen Zuhauses liegt, umgeben von Umzugskartons und Einpackmaterial. | © iStock.com/Paul Bradbury
Foto: iStock.com/Paul Bradbury
Nach einer gescheiterten Beziehung gleich die nächste Frau an der Seite haben, am besten gleich noch mit ihr zusammenziehen: Ticken Männer so?

Ex-Partnerinnen, auch wenn sie den Mann selbst verlassen haben, fühlen sich häufig regelrecht ausgetauscht, wenn der frühere Partner bereits eine neue Partnerin in den sozialen Medien präsentiert, während sie noch die gescheiterte Beziehung aufarbeiten.

Studien belegen: Männer leiden mehr unter dem Beziehungs-Aus. Während Frauen das bessere soziale Netz haben, um sich auszutauschen und das Vergangene aufzuarbeiten, verlieren Männer nachweislich öfter den Job, die Wohnung, auch Suizide nach Trennungen kommen vergleichsweise häufig vor. Die neue Liebe kann also auch Schutz vor dem freien Fall sein.

Spielt das soziale Umfeld für den schnellen Wechsel in eine neue Beziehung eine Rolle?

Das Scheitern einer Beziehung ist für Männer, aber auch für Frauen häufig ein Makel, der mit Selbstzweifeln einhergeht: Was stimmt nicht mit mir? Warum scheitere ich (immer wieder)? Bin ich beziehungsunfähig? Sich und dem Umfeld nun mit einer neuen Beziehung zu beweisen, dass "alles in Ordnung" sei, liegt nahe.

Eine neue Beziehung soll das Selbst- und Rollenverständnis wieder herstellen

Ist der Mann verlassen worden, hinterfragt er häufig sein Selbstverständnis und Rollenverständnis in einer Beziehung. Eine neue Partnerin soll ihm das dann zurückgeben. Die Außenwirkung ist gewiss wichtig dabei: Eine neue Partnerin zeigt schließlich auch den Freunden und dem sozialen Umfeld, dass man(n) durchaus noch begehrenswert und keineswegs beziehungsunfähig ist.

Dann ist eine schnell eingegangene neue Liebe immer verkehrt?

Nein: Wer schnell eine neue Beziehung eingeht, ist vielleicht auch einfach nur stabil und sicher genug in seinem Bindungsverhalten, um Liebe geben und empfangen zu können.

Es sind vor allem jene, die unsicher gebunden sind, die unter Verlust- und Bindungsangst (bewusst oder unbewusst) leiden, die verständnislos – und vielleicht neidisch? – reagieren, weil sie lange Trennungen aufarbeiten müssen und Probleme haben, wieder neu vertrauen zu können.

Wie jemand mit Trennung umgeht und ob und wie er sich neu verlieben kann, ist auch und vor allem eine Frage des Bindungstyps. Was wir als Kinder und in unserer Beziehungshistorie an Schmerzhaftem erlebt haben, spielt eine große Rolle.

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Keine Frage: Trennungsschmerz kann einem ganz schön zusetzen. Und man muss ihn ein gutes Stück weit auch aushalten können. Aber warum fallen uns Trennungen eigentlich so schwer?

Noch viel schlimmer: Es aushalten zu müssen, wenn der Partner stirbt. Und man plötzlich einsam ist.

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