In konsensueller Nicht-Monogamie leben: Ist das schon eine offene Beziehung?
In modernen Beziehungsformen gibt es alle möglichen Modelle – auch solche, die Sex mit anderen beinhalten. Aber was genau macht eine konsensuelle Nicht-Monogamie aus?
Die meisten Paare sind auch heute noch nach wie vor dauerhaft in einer klassischen Beziehung, sprich: zu zweit, glücklich. Nun gibt es aber auch Menschen, denen das nicht reicht, die eine Bindung zu einer oder mehreren anderen Personen pflegen, meist zumindest sexuell. Dazu gehört auch die konsensuelle Nicht-Monogamie. Aber was unterscheidet sie von offenen Beziehungen beziehungsweise von Polyamorie?
Konsensuelle Nicht-Monogamie: Ist das schon eine offene Beziehung?
Um zunächst einmal den etwas sperrigen Begriff zu klären: konsensuell heißt soviel wie übereinstimmend, die Monogamie bezeichnet die Beziehung zwischen ausschließlich zwei Menschen. Konsensuelle Nicht-Monogamie bedeutet also, dass Sexualität, möglicherweise auch Liebe, nicht ausschließlich zwischen zwei Personen bestehen, sondern andere Personen einbezogen sein können.
Okay, das heißt ja nichts anderes, als dass zwei Personen in einer festen Beziehung mit anderen Menschen sexuelle Verbindungen eingehen können. Und das steht doch auch für eine offene Beziehung. Wo ist da der Unterschied?
Die einvernehmliche Nicht-Monogamie ist quasi der Überbegriff für drei Haupttypen nicht monogamer Beziehungen, die allerdings oft durcheinandergewürfelt und nicht klar voneinander abgegrenzt werden. Deshalb hier die Definitionen:
- Polyamorie: Das bedeutet, dauerhaft mit nicht nur einem Menschen eine Liebesbeziehung zu führen. Im Unterschied zu offenen Beziehungen oder auch zur freien Liebe geht es hier nicht nur um Sex, sondern um tiefe emotionale Verbundenheit und gegenseitige Verantwortung. Polyamourös lebende Menschen können eine Hauptpartnerin bzw. einen Hauptpartner haben, sie können sich ihre Zeit aber auch relativ gleichmäßig zwischen den verschiedenen Partner*innen aufteilen. Wollen Sie mehr darüber erfahren? Auch, ob das gelingen kann? Polyamorie. Diese drei Menschen leben in einer Beziehung. Lesen Sie mal, wie sie das machen.
- Swinging: Wer swingt, hat Sex mit anderen Personen – die eigentliche Partnerin oder der eigene Partner kann dabei involviert sein, muss aber nicht. So kann es auch zu Sex mit mehreren Personen gleichzeitig kommen. Liebe und tiefere Gefühle haben hier allerdings nichts verloren, hier geht es um Sex. Mitunter bedeutet Swingen auch, dass es zum Partner*innentausch mit einem anderen Paar kommt. Für Vergnügungen, die in Richtung Swingen gehen, haben sich auch Swinger-Clubs und -Partys etabliert.
- Offene Beziehungen: In dieser Beziehungsform geben sich Paare gegenseitig das Einverständnis, unabhängig voneinander Sexualpartner*innen haben zu können. Die Sexualität ist also nicht exklusiv auf die Partnerschaft beschränkt, die Beziehung wird allerdings ausschließlich mit der Partnerin oder dem Partner geführt. Auch hier fragen sich viele: Kann das eigentlich klappen, eine offene Beziehung zu führen? Was unser Experte dazu sagt.
Monogame Beziehungen sind qualitativ wertvoller? Das stimmt so nicht
Übrigens: Die weit verbreitete Annahme, monogame Beziehungen seien von höherer Qualität als nicht-monogame , selbst unter einvernehmlich nicht-monogamen Beziehungspartner*innen, wurde in einer Studie von 2020 widerlegt: Demnach erlebten Menschen, die eine konsensuelle Nicht-Monogamie praktizierten, einen signifikanten Anstieg der sexuellen Beziehungszufriedenheit – vor allem dann, wenn sie das mit dem ausdrücklichen Ziel taten, auf diese Weise sexuelle Unvereinbarkeiten innerhalb ihrer Beziehungen anzugehen.
Auch eine Studie des Dating-Portals Gleichklang aus dem Jahr 2021 untermauert die Tragfähigkeit konsensueller Nicht-Monogamie, die aus gesellschaftlichen Normen heraus viel seltener vorkomme als Fremdgehen, obwohl das ein Vertrauensbruch sei und oft zu hoher Beziehungs-Instabilität führe. Bei konsensuellen Nicht-Monogamien träten außerdem häufig Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz zu Tage, wohingegen viele monogame Beziehungen, in denen es zu einem Treuebruch kam, von Verheimlichung und Vertrauensbruch durchzogen seien.
Vermutlich ist die offene Art der Beziehung für viele nach wie vor nicht geeignet – schön wäre es aber, wenn überhaupt alle Beziehungsformen jenseits der gängigen Monogamie ihr Stigma verlören. Denn eine Daseinsberechtigung haben sie allemal!