Dating-Phänomen Groundhogging: "Und täglich grüßt der Frust"
Wer bei der Partner*innensuche immer wieder erfolglos dem gleichen Beuteschema hinterherrennt, betreibt Groundhogging. Was es mit dem Dating-Phänomen auf sich hat und wie es sich vermeiden lässt, weiß Beziehungsexperte Eric Hegmann.
Was ist es, was so manche unglücklich Verliebte dazu treibt, immer wieder den gleichen Typ Mensch unwiderstehlich zu finden, mit dem eine Beziehung aber nicht möglich ist? Warum folgen Sie dem gleichen Beuteschema immer und immer wieder? Wem das bekannt vorkommt, sollte sich hier mit dem Dating-Phänomen Groundhogging auseinandersetzen. Denn um genau das geht es dabei.
Was es mit dem Namen auf sich hat, warum Betroffene dem Beuteschema wider besseres Wissen so oft erliegen und wie sie den Teufelskreis durchbrechen können, weiß Eric Hegmann. In seiner Arbeit als Paarberater hat er mit allen möglichen Phänomenen zu tun, die Menschen in einer Partnerschaft betreffen – zu Beziehungsthemen aller Art bietet er in seiner Modern Love School zahlreiche Online-Kurse an. Mit BILD der FRAU hat der Experte über das Groundhogging gesprochen.
Groundhogging
BILD der FRAU: Lieber Herr Hegmann, was genau bedeutet Groundhogging?
Eric Hegmann: Groundhogging ist zunächst, was wir im deutschsprachigen Raum "Beuteschema" nennen. Das bedeutet, dass manche Singles trotz negativer Erfahrungen mit dem immer gleichen "Typ" nicht von ihrem Beuteschema ablassen. Die Folge ist eine zunehmende Frustration, denn das, was längere Zeit nicht erfolgreich ist, wird nicht erfolgreicher dadurch, dass es immer wieder gemacht wird. Es braucht eine neue Strategie.
Woher kommt der Name?
Grundhogging ist eine Anlehnung an "Groundhog Day", ein Film, der bei uns "Und täglich grüßt das Murmeltier" heißt. "Murmeltierend" wäre also die richtige Übersetzung. Dabei geht es ganz und gar nicht um eine kuschelige Höhle mit einem niedlichen Nager, sondern darum, dass etwas immer und immer wieder versucht wird. In diesem Fall, immer wieder den gleichen Typ Partner:in zu suchen. Dass dies erfolglos ist, zeigt sich ja bereits an der Tatsache, dass die Personen eben immer weiter suchen müssen. Dabei lassen sie aber nicht von ihrem Beuteschema ab.
Ein ganz typisches Beispiel dafür ist bei allem Klischee der "Bad Boy", der selbstbewusst, frei und energiegeladen wirkt, gleichzeitig sich aber eben nicht binden will, seine Freiheit zelebriert und ausbricht, sobald er sich eingeengt fühlt. Oder die "Prinzessin", die makellos und unerreichbar scheint, im Alltag aber permanent erobert werden möchte und außer an ihrer Außenwirkung auf Instagram kaum Interessen habt.
Lesetipp: Warum Frauen sich auf "Bad Guys" einlassen, warum sogar Verbrecher eine solche Faszination auf sie ausüben.
Das Beuteschema prägt sich schon in der Kindheit aus
Was hat es denn mit dem Beuteschema auf sich?
Ein Beuteschema beschreibt eine auf einen Typ bezogene starke Anziehungskraft. Dazu gehören zahlreiche Faktoren. Da gibt es zunächst Äußerlichkeiten. Hinzu kommen Prägungen in der frühen Kindheit durch Bezugspersonen. Sehr vereinfacht könnte man sagen: Wer uns damals gut getan hat, hat einen Bonus – und den erhalten dann auch Menschen, die dieser Person ähneln.
Mit der Lebenserfahrung sammeln sich zusätzlich Attribute an, mit denen wir Gutes verbinden, da spielen frühere Beziehungserfahrungen eine Rolle. Außerdem werden wir von unserem sozialen und kulturellen Umfeld geprägt, wir lassen uns von Modewellen mittragen. Hier ist der Einfluss von Bilderwelten in Sozialen Medien heute maßgeblich entscheidend, wie ein Beuteschema aussieht.
Mal ist bei Männern glatt rasiert angesagt, dann wieder ist der Holzfäller-Look mit Bart und langen Haaren modern. Aussehen selbst ist also nur ein Stück weit konstant attraktiv. Interessante Dynamiken wie das direkte Umfeld spielen ebenfalls mit hinein. So wirkt eine Person, die von vielen Menschen begehrt wird, dadurch ungleich anziehender.
ANZEIGE: Alle können Liebe lernen! Für Paare und Singles: Hier findest du alle Online-Kurse und Tests der Modern Love School rund um Partnersuche, Beziehung und Liebeskummer.
Sind wir alle einem Beuteschema ausgeliefert?
Das Beuteschema ist natürlich individuell, gleichzeitig ist es sehr ähnlich. Der Mann soll möglichst groß, sportlich, (dunkel)haarig sein und aktiv, selbstbewusst und erfolgreich wirken. Die Frau soll schlank mit gleichzeitig weiblichen Formen sein, lange (blonde) Haare haben und sowohl Fürsorge als auch Leidenschaft ausstrahlen. Die Mode unterstreicht diese Typen, die Selbstdarstellung und das Selbst-Marketing auf Instagram übernimmt den Rest. Allerdings gab es diese Typen und dieses Beuteschema schon immer, es ist durch die 24/7-Nutzung des Smartphones nur noch viel mehr präsent.
Das "falsche" Beuteschema übersteht den Alltagstest nicht
Und wenn es eben, siehe Groundhogging, immer und immer wieder nicht klappt?
Das erfolglose Streben nach einem Beuteschema frustriert bei der Partner*innensuche. Denn es bedeutet einerseits, mit vielen anderen um wenige zu konkurrieren. Und gleichzeitig bedeutet jeder fehlgeschlagene Versuch eine Zurückweisung, die den Selbstwert trifft und verletzt. Die betroffenen erleben also immer wieder eine fehlgeschlagene Werbung um unerreichbare Personen. Diese schmerzhaften Erfahrungen sorgen für Schutzstrategien, um eine solche Verletzung möglichst nicht wieder erleben zu müssen. Doch statt das Beuteschema zu überprüfen und zu verändern, wird auf Selbstoptimierung gesetzt, also noch besser und liebenswürdiger zu werden – oder auf mehr Vorsicht, also "Red Flags" zu definieren und zu beachten und damit Nähe zu verhindern.
Wie kann ich Groundhogging am besten entgegenwirken?
Eine Beziehung entsteht nicht durch Groundhogging, das sagt ja der Begriff bereits. Denn im Alltag zeigt sich ja eben, dass das Beuteschema, um im Klischee von oben zu bleiben, den Alltagstest nicht übersteht. Der "Bad Boy" ist eben nicht verbindlich genug, die "Prinzessin" zu oberflächlich.
Wer sich dagegen traut, Gefühle zu einem anderen Typ Partner*in zuzulassen, stellt oft fest: Das sind keine unattraktiven Typen, die haben meist viel mehr zu bieten als das bisherige Beuteschema. Der Bruch mit einem über Jahre erfolglosen Beuteschema führt zu stabilen, harmonischen Beziehungen, das Festhalten hingegen, das Groundhogging, zu immer mehr Verletzungen, also zu "Und täglich grüßt der Frust".
➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann findest du hier, und hier geht's zur Modern Love School. Dort gibt es auch passende Online-Kurse zum hier besprochenen Thema.
Neben Groundhogging gibt es auch diese Dating-Phänomene:
- Dating-Phänomen Nesting: So etwas wie eine Nicht-Beziehung
- Das fiese Spiel mit dem Hinhalten: Dating-Phänomen Benching
- Dating-Phänomen Stashing: Wenn der/die Liebste vor allen versteckt wird
- Dating-Phänomen Orbiting: Wenn jemand da – und doch nicht da ist
- Dating-Trend Hardballing: Was daran wirklich knallhart ist
- Cuffing – wenn eine Partnerschaft nur im Winter erwünscht ist.
Eine ganze Reihe von "Warnzeichen in Beziehungsphasen" haben wir in unserer umfangreichen Serie für dich zusammengefasst:
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 1: Love Bombing
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 2: Fast Forwarding
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 3: Gaslighting
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 4: Flying Monkeys
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 5: Hoovering
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 6: Firedooring