Firedooring: Wenn du mehr investierst, als du je zurückbekommst

Du gibst ständig, bekommst aber nichts zurück? Aufmerksamkeiten werden selbstverständlich erwartet, ein kleiner Wunsch deinerseits gilt schon als Affront? Vielleicht steckst du in einer Firedooring-Beziehung fest.
Du gibst und gibst, und von deinem Schatz kommt nichts zurück – im Gegenteil: Aufmerksamkeiten werden ganz selbstverständlich hingenommen, während hier und da ein kleiner Hinweis, worüber du dich vielleicht auch mal freuen würdest, schon als Beleidigung gewertet wird? Dann lebest du möglicherweise in einer Firedooring-Beziehung.
Paarberater Eric Hegmann kennt sich mit der Thematik bestens aus. Für BILD der FRAU hat der Experte die wichtigsten Warnzeichen während der Dating- und Beziehungsphasen in der heutigen Gesellschaft zusammengestellt. In einer Serie erklärt er sie und sagt, wer so etwas macht, wer betroffen ist – und wie man sich schützen kann.

Warnzeichen beim Kennenlernen – Teil 6: Firedooring
Ein Notausgang, eine "Feuertüre", lässt sich nur von einer Seite öffnen. Mit diesem Kunstbegriff wird also eine einseitige Beziehung beschrieben. In dieser kümmert sich eine*r, von der oder dem anderen kommt wenig bis nichts. Dieses Verhalten, das Firedooring, gibt es nicht nur in der Kennenlernphase beim Dating, sondern auch bei Freundschaften.
Alle kennen das: Manche Menschen melden sich nie. Man selbst ist diejenige Person, die den Kontakt aufrecht erhält, die Beziehung pflegt, kreativ ist beim Planen gemeinsamer Aktivitäten. Man lässt also die oder den anderen machen und gibt ihr oder ihm irgendwann das wenig wertschätzende Gefühl: Würde die oder der sich keine Mühe mehr geben, würde die Beziehung bald eingeschlafen sein. Es handelt sich also um keine ausgewogene Partnerschaft auf Augenhöhe. Vielmehr investiert nur eine*r – die andere Person profitiert davon.
Firedooring: Wen kann es treffen?

Letztlich alle – die Frage ist, wie lange macht man das mit? Und hier kann man unterscheiden zwischen solchen, die das lange mitmachen und solchen, die recht schnell ihr Engagement einstellen, wenn sie die Einseitigkeit erkennen. Menschen, die sowieso überzeugt sind, dass man sich um Liebe und Freundschaft bemühen muss, benötigen länger, um zu bemerken: Da kommt nichts zurück. Sie reagieren dann, wenn ihnen die Dynamik letztlich klargeworden ist, allerdings oft sehr beleidigt und verärgert. Sie fühlen sich ausgenutzt. Wenn dann die oder der andere auch noch sagt: "Das hast du freiwillig gemacht, du musstest das doch nicht tun", fühlen sie sich erst recht ausgenutzt und verletzt.
Wie in allen Beziehungs-Dynamiken ist der Dreh- und Angelpunkt der Selbstwert. Ist der geschwächt und verletzt, lässt man mehr mit sich machen. Denn aus einer Position der Schwäche sagt die Erfahrung: "Ich muss mir Mühe geben, um Anerkennung, Freundschaft und auch Liebe zu erhalten." Da schwingt viel Hoffnung mit, sich Zuneigung letztlich zu erarbeiten.
Also: Wenn ich alles gebe, dann bekomme ich irgendwann zurück, was ich brauche. Beim Firedooring wird dies aber nicht passieren. Eher wird man zur Schulter zum Ausweinen – hat man selbst aber Probleme, ist die oder der andere nicht erreichbar.
Firedooring: Wer macht so was?
Das sind Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – egoistisch auf ihren Vorteil bedacht sind. Sie finden es gut, dass sich andere um sie bemühen, daraus ziehen sie Anerkennung und ein gutes Gefühl, nämlich umsorgt, umworben und begehrt zu sein. Leider ist deren Empathie aber nicht ausgeprägt genug, um zu sehen, dass zu einer Beziehung eben auch ein Gleichgewicht solcher Bemühungen gehört.
In schwierigen Lebensphasen wird man nicht immer in der Lage sein, viel zurückzugeben. Da tut Anerkennung und Wertschätzung gut, um den eigenen Selbstwert auf erträglicher Höhe zu halten. Doch wer eben immer nur nimmt und nie gibt, ist schlicht ein*e schlechte*r Freund*in.
Firedooring: Wie kann man sich schützen?
Weder in Freundschaften noch in Beziehungen ist Aufrechnen gut. Denn das geht Hand in Hand mit Erwartungen, und niemand ist da, um die Erwartungen anderer zu erfüllen. Wenn aber dauerhaft das Beziehungskonto auf der eigenen Seite im Minus ist, während die andere Person permanent das Plus genießt, ist Zeit für ein klärendes Gespräch. Das sollte ohne Vorwürfe erfolgen, aber doch deutlich machen, dass man sich übervorteilt oder vielleicht sogar ausgenutzt fühlt.
Möglich ist auch, dass man selbst Anstrengungen der oder des anderen übersehen hat, weil man nicht aufmerksam genug war. Das findet man dann im Gespräch heraus. Zeigt aber das Gegenüber keine Einsicht und fühlt sich selbst als "Geschenk an die Welt", sollte man sich zurückziehen und sein Engagement auf Menschen verwenden, die diese Bemühung zu schätzen wissen und es für selbstverständlich halten, auch selbst zu investieren. Die übersieht man nämlich leicht, während man sich um eine Person bemüht und nur diese eine im Auge hat.
➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann findest du hier.
Hier geht's zu weiteren Teilen der Serie:
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 1: Love Bombing
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 2: Fast Forwarding
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 3: Gaslighting
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 4: Flying Monkeys
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 5: Hoovering