Fiese und verletzende Masche

Dating-Phänomen Cloaking: Versetzt – und in der App auch noch geblockt worden

Frau, die in einem Restaurant sitzt und telefoniert. Sie trägt eine rote Jacke und wirkt nachdenklich. Auf dem Tisch vor ihr stehen zwei Weingläser, möglicherweise wartet sie auf jemanden.
© Adobe Stock / michaelheim
Wo bleibt er denn...? Wer beim Dating versetzt und dann auch noch in der App geblockt wird, ist wohl Opfer von Cloaking geworden.

Wie gemein, zum verabredeten Date einfach nicht zu erscheinen! Nicht genug damit: Beim Cloaking wird die versetzte Person dann auch noch geblockt! Was es mit dem Dating-Phänomen auf sich und welche Auswirkungen es hat, weiß Beziehungsexperte Eric Hegmann.

Da hat eine Person über eine Dating-App endlich mal wieder eine erste Verabredung, macht sich aufgebrezelt und reichlich nervös auf den Weg zum Treffpunkt und wartet dort, wartet und wartet – doch niemand kommt... Als sei das nicht schon schlimm genug, gibt es anschließend noch nicht einmal erhellende Sätze, die das Ganze aufklären könnten, denn: Der nicht aufgetauchte Mensch hat den Kontakt in der App geblockt. Wie fies ist das denn...

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Es ist nicht schwer, sich auszumalen, was eine solche Pleite bei Betroffenen anrichten kann. Eric Hegmann hat in seiner Arbeit als Paarberater mit allen möglichen Phänomenen zu tun, die Menschen in einer Partnerschaft betreffen – zu Beziehungsthemen aller Art bietet er in seiner Modern Love School zahlreiche Online-Kurse an. Auch Cloaking ist für ihn kein Fremdwort. Mit BILD der FRAU hat der Experte darüber gesprochen.

Versetzt, blockiert: Unser Experte erklärt das Dating-Phänomen Cloaking

BILD der FRAU: Lieber Herr Hegmann, was genau bedeutet Cloaking?

Paar-Therapeut Eric Hegmann | © Robert Hilton
Foto: Robert Hilton
Eric Hegmann, Paarberater und Parship-Coach aus Hamburg

Eric Hegmann: Mit dem Kunstbegriff Cloaking wird ein rücksichtsloses Verhalten in der Kennenlernphase beschrieben. Der Kontakt beginnt typischerweise in einer Dating-App. Irgendwann wird ein Treffen verabredet. Doch dann taucht der Kontakt einfach nicht auf. Es erfolgt keine Erklärung, keine Entschuldigung. Die versetzte Person wird zusätzlich geblockt, so dass Antworten auf offene Fragen unmöglich werden.

Mit Cloak ist die englische Bezeichnung für Mantel gemeint – mit Mantel ganz speziell der Mantel aus den "Harry Potter"-Büchern, der den Träger unsichtbar macht. Den Kunstbegriff hat eine Autorin aus London erfunden.

Was ist das Fiese am Cloaking?

Versetzt zu werden, ist schon mal nicht sehr schön. Allerdings könnte ja auch tatsächlich etwas passiert sein. Die oder der Versetzte macht sich ja vielleicht Sorgen. Und mit diesem Gefühl von Fürsorge und Hilfsbereitschaft nun feststellen zu müssen, dass man geblockt wurde, während man quasi noch nach einer Erklärung sucht, das ist schon ein Schlag.

Durch das Blockieren wird jede Möglichkeit genommen, Klarheit zu schaffen, ganz genau wie beim Ghosting. Die Folge: Die versetzte und geblockte Person wird zum nächsten Date schon nicht mehr unbefangen und mit der gleichen Vorfreude gehen wie zuvor, sondern sich stattdessen fragen, was wohl ist, wenn das wieder passiert. Menschen, die dazu neigen, die Schuld nicht bei anderen , sondern bei sich zu suchen, werden an sich zweifeln: Was stimmt mit mir nicht, dass mir das passiert? Bin ich derart wertlos, dass ich nicht einmal eine kurze Erklärung verdient habe?

Kennenlernen bedeutet, sich auch schutzlos zu zeigen

Warum machen Menschen das?

Die Gründe sind sicher individuell. Aber in den meisten Fällen geht es darum, sich vor der Reaktion einer Person zu schützen. Also mangelnder Mut, eine Veränderung des Beziehungsstatus oder des Verlustes von Interesse zu kommunizieren. Niemand gibt gerne einen Korb, niemand erhält gerne eine Zurückweisung. Doch es kommt immer auf das Wie an: Eine respektvoll und freundlich formulierte Absage wird auch – meistens – keine heftige Reaktionen hervorrufen.

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Wie kann man sich vor Cloaking schützen?

Letztlich sind ja die Schutzstrategien, die nach solchen Erfahrungen entwickelt werden, ein ganz großer Teil des Problems, das diese Dating-Phänomene darstellen. Kennenlernen bedeutet immer, sich auch ein Stück weit schutzlos zu zeigen und zu öffnen. Geschieht das nicht, wird es keine emotionalen Verbindungen geben: Der berühmte Funke kann nicht überspringen, denn es fehlen die emotionalen Kontaktflächen. Deshalb sollte man nicht voller blindem Vertrauen in jedes Date gehen, aber eben auch nicht zu vorsichtig. Wichtiger als Vertrauen in andere zu haben, ist es, Vertrauen darin zu entwickeln, dass solche Verletzungen auch wieder heilen können.

Cloaking hat meist zwei Schutzstrategien zur Folge

Warum sind Dating-Phänomene wie Cloaking so schlimm?

Sie machen Zurückweisungen noch schmerzhafter – jede Zurückweisung sorgt dafür, dass die Betroffenen beim nächsten Treffen noch eine Schippe Schutzstrategien drauflegen, um das nicht erneut erleben zu müssen.

Da gibt es vor allem zwei Varianten von Strategien:

  1. Die eine ist die verlustängstliche Strategie. Um nicht zurückgewiesen zu werden, versuchen diese Menschen, sich nun Liebe zu verdienen, sich noch liebenswürdiger darzustellen und zu verhalten, noch mehr zu investieren und noch ängstlicher zu klammern.
  2. Oder sie nutzen die bindungsängstlichen Strategien: Sie misstrauen allen außer sich selbst, sie lassen niemanden so nah an sich heran, dass sie verletzt werden können.

Das wirklich Schlimme dabei ist: Beide Strategien sorgen dafür, dass die Betroffenen noch weniger erfolgreich sind bei ihrer Partner*innen-Suche. Und so stapeln sich langsam, aber sicher immer mehr Zurückweisungen und Frusterlebnnise übereinander, die Schutzstrategien werden immer gründlicher.

Wie erleben Sie in Ihrer Praxis Opfer von Cloaking?

Ich arbeite nahezu täglich mit Patient*innen und Klient*innen in meiner Praxis, die nach einer Zeit solcher Erlebnisse alles Selbstvertrauen verloren haben. Einige entwicklen körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Angststörungen, Essstörungen oder völligen Verlust des Urvertrauens.

Ganz sicher sind solche Auswirkungen verbunden mit früheren Verletzungen und Verlusterfahrungen in der eigenen Biografie und Beziehungshistorie. Aber niemand ist doch frei von Liebeskummer und Trennungserfahrungen.

Deshalb: Seien Sie freundlich zueinander in der Kennenlernphase. Es ist Zeit, dass Dating wieder das werden kann, was es sein sollte: wertschätzend, wertfrei, aufrichtig und aufregend – Stichwort "Healthy Dating", gesundes Kennenlernen. Wir sollten wieder Umgangsformen pflegen, die uns guttun und diejenigen lassen, die uns und andere verletzen.

➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann findest du hier, und hier geht's zur Modern Love School. Dort gibt es auch passende Online-Kurse zum hier besprochenen Thema.

Neben Cloaking gibt es auch diese Dating-Phänomene: 

  • Dating-Phänomen Groundhogging: "Und täglich grüßt der Frust"
  • Dating-Phänomen Nesting: So etwas wie eine Nicht-Beziehung
  • Das fiese Spiel mit dem Hinhalten: Dating-Phänomen Benching
  • Dating-Phänomen Stashing: Wenn der/die Liebste vor allen versteckt wird
  • Dating-Phänomen Orbiting: Wenn jemand da – und doch nicht da ist
  • Dating-Trend Hardballing: Was daran wirklich knallhart ist
  • Cuffing – wenn eine Partnerschaft nur im Winter erwünscht ist.

Eine ganze Reihe von "Warnzeichen in Beziehungsphasen" haben wir in unserer umfangreichen Serie für dich zusammengefasst:

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