Hunde, Katzen und Co sind immer noch Tiere

Warum Vermenschlichung deinem Haustier schaden kann

Ein fröhlicher Hund mit rotem Halstuch sitzt an einem gedeckten Tisch mit Napf und Besteck und blickt erwartungsvoll.
© Getty Images / damedeeso
Ob ein Hund es wohl gut findet, zum Essen auf einem Stuhl am Tisch zu sitzen...? Was bei der Vermenschlichung von Haustieren zu weit geht, teilt eine Tierärztin mit.

Es gibt ja Hunde und Katzen, die Kleidung tragen, mit am Tisch sitzen, im Bett schlafen: Wann ist die Vermenschlichung von Haustieren übertrieben? Wann geht die Tierliebe zu weit? Wir haben eine Tierärztin gefragt.

Joggen mit Hund: Das ist zu beachten

Alle, die einen Hund oder eine Katze haben, kennen die Situation, wenn sie aus großen Augen flehend angesehen werden, der anfängliche gute Vorsatz schwindet und der Teller zum Abschlecken gereicht, Platz auf dem Tisch oder im Bett gemacht wird... Was gut gemeint ist, muss nicht zwingend auch gut fürs Haustier sein: Vermenschlichung kann durchaus zu weit gehen – vor allem dann, wenn die tierische Lebensart dadurch eingeschränkt wird.

Doch woher weiß man das? Die Tiere können sich ja nicht mitteilen... BILD der FRAU hat mit Tierärztin Jasmin Grau darüber gesprochen, wann Hunde und Katzen zu sehr wie Menschen behandelt werden.

Vermenschlichung: Darf man Haustiere wie unsereiner behandeln?

BILD der FRAU: Liebe Frau Grau, ist es schlimm, wenn mein Haustier neben mir im Bett schläft?

Tierärztin Dr. Jasmin Grau  | © Jasmin Grau
Foto: Jasmin Grau
Tierärztin Dr. Jasmin Grau hat eine Tierarztpraxis in Senden

Jasmin Grau: Ich weiß, ich müsste jetzt wie aus der Pistole geschossen 'nein, das sollte man nicht tun' antworten! Kann ich aber nicht. Die Realität zeigt mir immer wieder, dass deutlich mehr Tiere im Bett schlafen, als offiziell zugegeben wird. Selbst ich kann den Hundeaugen meines Mr. Big nicht immer standhalten.

Wichtig ist aber, dass Besitzer:innen dabei die Kontrolle behalten und es trotzdem insgesamt hygienisch zugeht. Das versteht sich aber ja eigentlich von selbst.

Apropos Hund im Bett: Wie Martin Rütter dazu steht, was andere sagen.

Was geht bei der Vermenschlichung zu weit?

Kleidung für Tiere, sofern sie nicht zweckgebunden ist, wie das etwa beim Einsatz im Winter der Fall ist. Oder wenn speziell kleine Hunde nicht mehr laufen dürfen, sondern ständig herum getragen werden.

Ich finde, dass ein Tier seinen Platz haben sollte, der sich aber nicht auf dem Stuhl, der Bank oder auf dem Tisch befindet – das hat aber keinesfalls etwas mit Degradierung zu tun. Ein Hund ist natürlicherweise nicht dazu geboren, auf dem Stuhl zu sitzen und mit Messer und Gabel zu speisen. Schön ist es stattdessen, wenn ein Hund sein Deckchen mit ins Lokal nimmt und weiß, dass er dort liegen kann. So ist es nicht der nackte kalte, unbekannte Boden, sondern er hat auch sein gemütliches Plätzchen.

Zu viel Vermenschlichung? Tiere können sich ja nicht artikulieren

Woher weiß ich, ob mein Tier unter meiner Art der vielleicht zu menschlichen Behandlung leidet?

Generell sind Tiere sehr anpassungsfähig. Man sollte einfach einen gesunden Menschenverstand walten lassen und sich durch den Kopf gehen lassen, welches Tier welche natürlichen Bedürfnisse bzw. Lebensräume hat. Darauf sollte eingegangen werden. Man kann z. B. nicht generell sagen, dass ein Hund sich in der Großstadt nicht wohl fühlt, weil er keinen Garten vor dem Haus hat.

Schwierig wird es natürlich dann, wenn zum Beispiel kleine Hunde so lange herum getragen werden, bis sie aufgrund von Muskelschwund gar nicht mehr selbst laufen können.

Zu weit geht es definitiv, wenn keinerlei Regeln vorhanden sind und der Hund sich etwa irgendwann dazu genötigt sieht, das Familienzepter in die Pfote zu nehmen, um Kinder- und Erwachsenenerziehung vorzunehmen.

Objektiver Rat von außen kann auch helfen!

Professor Achim Gruber, Direktor des Instituts für Tierpathologie an der Freien Universität Berlin, sagt: "Ich habe oft den Eindruck, dass wir sie bei der Vermenschlichung und bei der Aufnahme in unsere Familie – oft werden ja auch Haustiere Sozialpartner – ihrer tierischen Natur berauben, ohne, dass wir es merken." Was sagen Sie dazu?

Das stimmt zum Teil sicherlich. Allerdings sollte man auch hier wieder auf seinen hoffentlich vorhandenen gesunden Menschenverstand zurückgreifen. Wenn ein Haustier zum Sozialpartner avanciert, sehe ich darin generell kein Problem, sofern die Bedürfnisse des Tieres nicht in den Hintergrund rücken und egoistisch gehandelt wird. Überspitzt gesagt sollte es nicht so sein, dass man z. B. einem Goldfisch erklären möchte, er sei eine Katze und spaziert gerne auf Dächern im Mondschein herum...

→ Mehr über unsere Expertin Jasmin Grau und deren Tierarztpraxis erfährst du hier.

Noch viel mehr Fragen rund um unsere liebsten Haustiere beantworten Jasmin Grau sowie weitere Expertinnen und Experten.

Zählbild
Mehr zum Thema
Inhalte durchsuchen: