Riesen-Blutsauger im Anmarsch: Wie gefährlich sind Hirschlausfliegen & Hyalomma-Zecken?
Immer mehr blutsaugende Parasiten werden in Deutschland nach und nach aufgrund des Klimawandels heimisch. Auch Hirschlausfliegen und Hyalomma-Zecken gehören dazu. Was die Krabbel- und Flugtiere so gefährlich macht.
Der Klimawandel und seine Folgen: Wir "verdanken" ihm die Zunahme blutsaugender Parasiten, die sich immer mehr bei uns heimisch fühlen, darunter die Hirschlausfliege und die Hyalomma-Zecke. Sie sind ziemlich groß, ihr Stich tut weh – und ist gefährlich.
Hirschlausfliege und Hyalomma-Zecke im Kommen
Die Hirschlausfliege, auch als "fliegende Zecke" bekannt, wird bei uns heimisch. Sie profitiert von den immer milder werdenden Wintermonaten: Die Larven des Blutsaugers überwintern im Boden und überstehen die kalte Jahreszeit mittlerweile. Und auch wenn der Parasit als Zecke bezeichnet wird, ist er gar keine, sondern gehört vielmehr zur Familie der Lausfliegen. Doch auch die mögen Blut...
Die Hirschlausfliege breitet sich in ganz Mitteleuropa immer weiter aus. In manchen Regionen wird sogar von einer Massenvermehrung gesprochen. Lutz-Florian Otto vom Kompetenzzentrum Wald und Forstwirtschaft in Pirna (Sachsen) sagt der Agentur dpa gegenüber, es gebe immer wieder einmal Zunahmen bestimmter Insekten, die möglicherweise von der Klimaerwärmung profitierten, systematische Untersuchungen fehlten aber.
Auch die Hyalomma-Zecken fühlen sich leider bei uns wohl: Die Tropenzecke mag es eigentlich warm, doch der gefährliche Parasit, der sogar tödliche Krankheiten übertragen kann und bis zu zwei Zentimeter groß wird, hat in Deutschland bereits einen Menschen mit Fleckfieber infiziert. Die tropische Hyalomma-Zecke scheint also ebenfalls bei uns heimisch zu werden!
Wissenschaftler*innen führen ihr Auftreten in Deutschland jedenfalls auf die heißen, trockenen Sommer zurück. Die tropische Zeckenart bevorzugt nämlich eine geringere Luftfeuchtigkeit als die hierzulande üblicherweise vorkommenden Zecken. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim in Stuttgart: "Wir gehen davon aus, dass wir mit immer mehr tropischen Zeckenarten in Deutschland rechnen müssen, die sich durch gute Wetterbedingungen hier ansiedeln können."
Hirschlausfliegen: schmerzhaft und gefährlich
Die Hirschlausfliege ist inklusive der Flügel circa fünf bis sechs Millimeter groß und befällt Hirsche, Rehe, junge Wildschweine und Hunde. Aber auch Menschen werden von ihr gebissen, vorzugsweise im Nacken. Haben sie ihren Wirt erreicht, brechen ihre Flügel ab. Die Stiche können Hautentzündungen verursachen, schmerzhaft werden und bis zu 20 Tage jucken. Es kann zu Beulen, Pusteln, Hautausschlag und Vereiterungen kommen.
Die klassischen Zugriffszeiten der Hirschlausfliegen sind Spätsommer und Herbst – Jahr für Jahr sind sie wegen der hohen Temperaturen allerdings schon früher dran. In der Regel sind die Parasiten im Schwarm unterwegs, weswegen oft mehrere von ihnen auf einem Wirt landen.
Wie sehr es schmerzen kann, wenn die Natalie Hirschlausfliege zugebissen hat, musste K. aus Böhnhusen erfahren. Die Frau sagt im Gespräch mit RTL: "Ich selber wurde letztes Jahr einmal gebissen und hatte wirklich noch nie solche Schmerzen nach einem Biss. Als würde mir einer eine Nadel in den Arm stechen." Auch ihre Hündin hätte die leidvolle Erfahrung gemacht – die Bisse müssen ihr ebenfalls stark zugesetzt haben, denn sie hätte die Stellen komplett wundgeleckt. Die Verwendung einer Wund- und Heilsalbe habe schließlich geholfen.
Wie gefährlich die "fliegenden Zecken" aber tatsächlich sind, ist noch nicht ausreichend erforscht worden. Es besteht allerdings Grund zur Annahme, dass das Bakterium Bartonella schoenbuchensis, das sie in sich tragen, für den Menschen gefährlich sein könnte. Gelangt der Erreger in den Körper, wird vermutet, dass er schwere Entzündungen des Herzens verursachen kann. Gesicherte Hinweise darauf gibt es aber noch nicht.
Schutz vor der Hirschlausfliege: schwierig
Was die Hirschlausfliege betrifft, gibt es bisher kein Insektenschutzmittel, das abschreckt: Der Parasit ist noch zu neu und deshalb zu unerforscht. Wie der SWR berichtet, sollen einige Tierärzte mit Antiparasitenmitteln wohl gute Erfahrungen gemacht haben. Sprays gegen Zecken und Mücken, auch Repellants genannt, sollen bei Menschen gute Dienste geleistet haben. Nachgewiesen ist das allerdings nicht.
Dr. Wolf Groth vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin rät, vor allem im Herbst – eigentlich die Hochsaison für die Parasiten – eine Kopfbedeckung beim Waldspaziergang zu tragen, da die "fliegende Zecke" alles anfliegt, was an Fell erinnert. Und dazu gehört das menschliche Haar. Auf Fellkrägen solltest du also möglichst verzichten.
Tropenzecke Hyalomma überträgt Fleckfieber auf Menschen
Vor fünf Jahren ist ein Mann aus Siegen (Nordrhein-Westfalen) nach einem Stich der Hyalomma-Zecke erkrankt – das teilte damals ein Forschungsteam der Universität Hohenheim mit. Er hatte alle typischen schweren Krankheitssymptome einer sogenannten Rickettsiose, besser bekannt als Fleckfieber. Der Patient wurde daraufhin gezielt mit einem Antibiotika behandelt, die Symptome bildeten sich rasch zurück.
Für Prof. Dr. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim, war das eine besorgniserregende Tatsache: "Damit wissen wir jetzt nicht nur sicher, dass die Hyalomma-Zecke auch an Menschen geht, sondern es besteht leider auch der dringende Verdacht, dass hier in Deutschland eine Übertragung des Zecken-Fleckfiebers durch die Tiere tatsächlich möglich ist", so die Zecken-Expertin.
Beunruhigend: Die Anzahl an Hyalomma-Zecken ist in Deutschland zwar noch überschaubar, doch die Tendenz ist steigend. Und: In fast der Hälfte der Tiere sind die Fleckfieber-Erreger, die sogenannten Rickettsien, zu finden. Die Übertragung erfolge ausschließlich über die Zecke, erklären die Forschenden der Uni Hohenheim.
Ebenfalls beunruhigend: Hyalomma-Zecken haben nicht nur Augen, was ihnen eine optische Orientierung ermöglicht – sie sind auch sehr flinke, aktive Jäger, die potenzielle Wirte über Hunderte Meter verfolgen!
So äußert sich Fleckfieber
Woran erkennt man Fleckfieber? Die Hohenheim-Forscher*innen erklären es so: Es verursache einen fieberhaften Infekt mit Kopf- und Muskelschmerzen, extremen Gelenkschmerzen und einem Gefühl, als würde man verbrennen. Vor allen Dingen aber entsteht ein Ausschlag, der Flecken auf der Haut, vor allem an den Extremitäten, verursacht – daher der Name: Fleckfieber.
So schützt du dich vor den Blutsaugern
Vor den Tropenzecken schützt du dich so, wie du dich auch vor den heimischen Zecken schützt: Repellentien zum Einreiben oder Einsprühen verwenden, geschlossene helle Kleidung tragen, regelmäßig auf Zecken hin absuchen. Eine Impfung gegen das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber existiert bislang nicht.
Es gibt sogar ein paar Hausmittel gegen Zecken, die ganz gut vorbeugen. Der beste Schutz allerdings ist, gar nicht erst mit einer Zecke in Berührung zu kommen, hohe Gräser sowie Buschwerk nach Möglichkeit zu meiden.
Wer eine festgebissene Zecke findet, sollte sie am besten wie eine einheimische Zecke mit Zeckenzange, Zeckenkarte oder Pinzette entfernen. "Bei Verdacht auf Fleckfieber nach einem Hyalomma-Stich sollte an der Stichstelle ein Wundabstrich genommen und zur Untersuchung eingeschickt werden", empfiehlt Dr. Gerhard Dobler. Wer unsicher sei, könne gerne Kontakt mit den Expert*innen aufnehmen.
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