Abitur nachholen

Schulbank statt Wickeltisch: Dreifach-Mama beweist, dass Träume keine Deadline haben

Eine Dreifach-Mama holt ihr Abi nach und sitzt lernend über den Büchern an einem Tisch.
© BILD der FRAU
Mit 33 Jahren und drei Kindern hat Daniela Wolf ihr Abitur nachgeholt. Ihre inspirierende Geschichte zeigt: Es ist nie zu spät, Träume zu verwirklichen!

Drei Kinder, ein voller Alltag – und trotzdem den Traum vom Abitur verwirklichen? Daniela Wolf hat genau das geschafft und zeigt, dass es nie zu spät ist, große Ziele zu erreichen. Mit 33 Jahren hielt die Dreifach-Mama ihr Abiturzeugnis stolz in den Händen – nach drei Jahren harter Arbeit, langen Tagen zwischen Schulbüchern und Babywickeln und mit einem unerschütterlichen Willen. Ihre inspirierende Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie man Familie, Job und persönliche Träume unter einen Hut bringen kann. Erfahre, wie Daniela den zweiten Bildungsweg meisterte und wie sie anderen Mut machen möchte: "Wenn man es wirklich will, dann schafft man es!“

Selig schlummert Sohn Cyril (1) im rechten Arm. Mit der linken Hand hält Daniela Wolf beim BILD der FRAU-Interview stolz ihr Abiturzeugnis in die Computer-Kamera.

Die Dreifach-Mama ist es gewohnt, mehrere Sachen gleichzeitig zu jonglieren. Auch als damals 31-Jährige einen Schulabschluss nachzuholen.

Mehr Abiturprüfungen, mehr Prüfungsformate

Ein schwieriger Start: Warum Daniela die Schule früh abbrach

Daniela erklärt: "Mit 16 bin ich ziemlich frustiert mit der mittleren Reife abgegangen. Ich bekam immer wieder zu hören, dass ich nicht gut genug bin. Motivierende Lehrer gab es kaum."

Als dann noch ihr Vater wegen einer Erkrankung lange nicht arbeiten konnte und dadurch weniger verdiente, beschloss sie, lieber eine Ausbildung zu machen. "Ich wollte meinen Eltern finanziell nicht weiter auf der Tasche liegen."

Die gebürtige Thailänderin lässt sich zur medizinischen Fachangestellten ausbilden, arbeitet danach in Arztpraxen, switcht noch mal um und wird in einer Firma für Fahrrad-Zubehör als Produktionshelferin angestellt.

"Das hat mir großen Spaß gemacht", erzählt sie. "Aber immer schwebte auch der Gedanke über mir, ein bisschen mehr aus meinem Leben machen zu wollen."

Das Koblenz-Kolleg: Wie eine staatliche Einrichtung Danielas Traum ermöglichte

Konkreter wird die Idee während ihrer Elternzeit mit Sohn Carl 2020. Der Anstoß kommt von ihrem Mann Daniel. Daniela grinst: "Er wollte, dass ich mir einen Traum erfülle, aber auch was Sinnvolles mache. Dann hat er mir das Koblenz-Kolleg raus­gesucht."

Eine kostenlose, staatliche Einrichtung für den zweiten Bildungsweg. "Nach einem sechsmonatigen Einführungskurs war mir klar: Ich gehe es an."

Von der Ausbildung zur großen Lebensentscheidung: Danielas Weg zurück zur Schule

Richtig klasse: Sogar ihr Arbeitgeber unterstützt die Weiterbildung, die sie mit Schüler-BAföG finanziert.

Drei Jahre lang dreht sich nun also wieder viel um Mathe, Bio, Deutsch, Sozialkunde usw. in ihrem Leben. Täglich von 8.15 bis 16.45 Uhr, freitags etwas kürzer.

Ein Alltag zwischen Wickeln, Kinderkuscheln und Hausaufgaben. "Ich wusste: Ich bekomme das hin. Es kommt beim Abi ja auf den Willen an, nicht aufs Geburtsdatum."

Nicht nur ihr Wissen wächst und wächst in dieser Zeit. Auch die Familie Wolf wird größer. Im August 2021 wird Tochter Calea geboren. Daniela setzt zwei Monate aus, dann ist sie wieder voll im Unterricht dabei. Und lernt Schule noch mal ganz neu kennen.

"Hier sind die Lehrkräfte auf Augenhöhe, sie motivieren uns und wertschätzen ihre Schülerinnen und Schüler. Dafür möchte ich mich bedanken."

Da ist zum Beispiel Matheleher Roth. "Zum ersten Mal verstand ich das Zahlenwirrwar. ­Rechnen hat sogar richtig Spaß gemacht."

Oder die Französisch-Lehrerin Frau Koleber. Die engagierte Pädagogin trug Klein Calea im Unterricht auch mal auf dem Arm durch die Klasse, weil Daniela ihre Tochter mitbringen musste. "Die Tagesmutter hatte morgens krank abgesagt. Das ist leider öfter passiert, aber nie war es an der Schule ein Problem. Auch das Sekre­tariat war im Bauklötze­stapeln eine glatte Eins."

Abi mit Familie: Wie Daniela Kinder, Schule und Alltag unter einen Hut brachte

Immer an ihrer Seite: ihre große Liebe Daniel. Der 36-Jährige ist Allgemeinmediziner bei der Bundeswehr, auch im Ausland im Einsatz. "Für vier Monate musste er nach Afghanistan, von dort hat er mich immer wieder am Telefon oder per Videoschalte abgefragt", lächelt Daniela.

Und dann ist es Juli 2023. Daniela bekommt ihr Zeugnis überreicht, besteht mit 2,1. "Eigentlich hätte da eine Eins vorm Komma stehen müssen, in den Vor­noten war ich immer besser, aber in Mathe habe ich in der entscheidenden Klausur (u. a. Geometrie, Stochastik) nur vier Punkte geschafft."

Klar, darüber ärgert sie sich ein bisschen. Dennoch hört man auch den Stolz in ihrer Stimme. Die heute 33-Jährige hat mehr als nur Prüfungen gemeistert: "Ich habe mir und der Welt bewiesen, dass es nie zu spät ist, seine Träume zu verfolgen." Familienmensch Daniela streicht über Cyrils Kopf, mittlerweile ist ihr Kleinster längst wieder wach, nuckelt an seiner Milchflasche, die ihm seine Mama nebenbei gemacht hat.

Bei der Zeugnisvergabe war er auch schon dabei. In ihrem Bauch. Daniela grinst: "Die Lernerei in der Zeit war schon sehr anstrengend, da hat die Schwangerschaftsdemenz richtig zugeschlagen."

Und nun, liebe Daniela? Was ist dein nächstes Ziel? Sie lacht. "Sobald meine Kinder älter sind, will ich ein Studium anfangen. Zahnmedizin, Wirtschaftsingenieurswesen oder Modedesign."

"Es ist nie zu spät": Danielas Rat an alle, die ihre Träume verfolgen wollen

Was es am Ende wird, entscheidet sie ganz in Ruhe. Die nächsten ein, zwei Jahre gehören erst mal ihren drei Kindern. "Ich möchte jetzt wieder mehr Zeit mit ihnen verbringen. Aber dann starte ich weiter durch."

Dass das klappt, daran besteht eigentlich kein Zweifel für sie: "Wenn man es wirklich will, dann schafft man das auch. Und ich denke, dass viele Menschen das Potenzial dazu haben. Sie müssen es nur angehen und sich trauen."

Redakteurin: Alexandra Kemna

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