Wie Sie Verspannungen und Co schnell in den Griff bekommen
Schmerzhafte Verspannungen im Nacken und oberen Rücken kennen vermutlich die meisten. Nicht immer muss dann zur Tablette gegriffen werden, denn es gibt effektive Alternativen, die sanft helfen.
Den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen, nicht einmal kurz an der frischen Luft gewesen und dann auch noch den Magen mit einem üppigen Mittagessen überfordert? Das kann leicht zu Verspannungen, Bauchweh oder Migräneanfällen führen. Für alle Formen von Schmerz gilt: Es ist wichtig, sie schnell in den Griff zu bekommen. Denn so können Schmerzreize keine Spuren im Gehirn hinterlassen. Um ein Schmerzgedächtnis zu verhindern, muss es aber nicht immer eine Tablette sein. Wir haben einige Tipps, wie Sie Verspannungen, Schmerzen und andere Beschwerden schnell in den Griff bekommen.
Schnelle Entspannung: "Verspannungen wirken bis tief in die inneren Organe"
Heilpraktiker Alexander Mallok aus Hamburg-Alstertal stand BILD der FRAU Rede und Antwort und nennt 15 Tipps für verschiedene Alltagsbeschwerden. Er bestätigt: Zu wenig Bewegung, unter anderem auch durch Bürojobs, sorgt für verhärtete Muskeln. Und das kann dem ganzen Körper schaden.
Sind wir Deutschen eigentlich immer öfter verspannt?
Alexander Mallok: "Eindeutig. Dauerhafter Stress durch hohen, ständigen Leistungsdruck und seelische Belastungen führt dazu, dass heute etwa neun von zehn Deutschen unter gelegentlichen oder sogar chronischen muskulären Schmerzen leiden. Betroffen sind vor allem Menschen, die viele Stunden oft vornüber gebeugt im Büro sitzen, im Job einseitige Bewegungen ausführen oder lange im Stehen arbeiten müssen."
Derzeit arbeiten viele zudem im Homeoffice – das heißt, selbst der Arbeitsweg und damit das letzte bisschen Bewegung fällt weg. Umso wichtiger, zwischen Arbeit und Freizeit zu trennen und sich zwischendurch einmal mehr zu entspannen.
Was genau passiert dann?
Mallok: "Wenn kein ständiger Wechsel zwischen An-und Entspannung stattfindet, werden die Muskeln nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und vitalen Nährstoffen versorgt. Ihr Stoffwechsel wird gestört. Die Folge: Die Muskeln verkürzen sich, es kommt zu Fehlhaltungen, die wiederum weitere Muskelverspannungen fördern. Ein echter Teufelskreis."
Verspannungen beeinflussen den ganzen Körper
Sorgen Verspannungen auch für andere Krankheiten?
Mallok: "Ja. Sie können so schmerzhaft sein, dass sie sich auf den gesamten Organismus auswirken. Verspannungen in Nacken und Rücken sind häufig eine der Hauptursachen für Kopfweh, auch für Schmerzen im Kiefergelenk. Sie können sogar auf die inneren Organe durchschlagen. Scans mit Magnetresonanz-Tomografen zeigen: Ist der Haupt-Atemmuskel, das Zwerchfell, verspannt, schlägt sich das auf Darm und Magen nieder."
Haben sie sogar mit Regelschmerzen zu tun?
Mallok: "Ja. Das Becken ist von enormer Bedeutung in der zentralen Drehachse des Menschen. Bei den häufig auftretenden Verspannungen in der Hüftmuskulatur kommt es leicht zu Auswirkungen auf die Organe im kleinen Becken wie etwa Blase oder Gebärmutter."
Wie können wir sie verhindern?
Mallok: "Ich rate zu viel Bewegung, um Stress abzubauen. Auch Yoga, Tai Chi oder die Progressive Muskelrelaxation tut gut. Wichtig ist es auch, am Arbeitsplatz die Sitzhaltung zu verändern, auch mal im Stehen zu telefonieren. Und regelmäßig kleine gymnastische Übungen von zwei, drei Minuten einzulegen, etwa mit den Füßen wippen."
Tipps für die Entspannung im Rücken
1. Pusteblumen-Atmung glättet Stressmuskeln
Fünf Sekunden ein-, fünf Sekunden lang ausatmen. Beim Einatmen vorstellen, dass ein wohltuender Duft den ganzen Körper durchströmt. Eine Hand auf den Bauch legen, tief in den Bauch hineinatmen. Beim Ausatmen vorstellen, sanft gegen eine Pusteblume zu blasen. 10-mal wiederholen. Langsam auf 20-mal steigern. Das löst stressbedingte Nackenverspannungen.
2. Yogaübung "Nasser Hund" macht Wirbel frei
Im Stehen Oberkörper nach vorn beugen, bis der Kopf ganz entspannt nach unten hängt. Kopf sanft schütteln wie ein nasser Hund, nicken, von links nach rechts schwingen. Auf das Loslassen der Nackenmuskulatur achten. Die Schwerkraft zieht die Halswirbelsäule in die Länge, die Bandscheiben können sich besser wieder mit Flüssigkeit vollsaugen, die Muskulatur entspannt sich.
3. Dehnübung stretcht verspannte Schultern
Gerade hinstellen, Hände auf Brusthöhe vor dem Körper ineinander verschränken. Das rechte Bein um 90 Grad nach rechts drehen, Oberkörper folgt der Drehung. Kopf und Wirbelsäule dabei gerade halten. 10-mal wiederholen. Seite wechseln. Dann Schultern zu den Ohren hochziehen, 5 Sekunden halten, wieder absenken. 10-mal.
4. Blitzgriff lockert Nackenverspannungen
Die linke Hand auf die rechte Kopfseite legen, den Kopf langsam zur linken Seite neigen. Nun den rechten Arm nach unten strecken, bis ein leichtes Dehngefühl im Schulter-Nacken-Bereich zu spüren ist. 30 Sekunden halten. Andere Seite. Lockert eine verkrampfte Nackenmuskulatur, entstresst blockierte Halswirbel.
5. Kalt-Warm-Wechsel macht den Rücken locker
Beutel mit Tiefkühl-Erbsen füllen, 3 Minuten auf schmerzende Lendenpartie legen. Dann 3 Minuten heiße Wärmflasche auf gleiche Stelle. 3-mal kalt, 3-mal heiß. Der Temperaturwechsel zieht die Blutgefäße zusammen, weitet sie. Das fördert den Abtransport von Schmerz-Signalstoffen, so das Zentrum für holistische Gynäkologie, New York.
6. Kalter Quarkwickel gegen Brustspannen
Auf ein dünnes Geschirrhandtuch fingerdick kalten Quark streichen, auf die Brust legen. Ein zweites, trockenes Tuch darüberlegen. So lange wirken lassen, bis der Quark Körpertemperatur erreicht hat. Das leitet unangenehme Wärme aus dem Brustgewebe, wirkt abschwellend und schmerzlindernd. Quarkwickel können bei vielen Beschwerden helfen.
Entspannung bei Bauchbeschwerden
7. Cider-Essig-Drink entstresst den Magen
4 EL Cider, 2 TL Balsamico-Essig in 250 ml Wasser geben, mit 1 bis 2 TL Ahornsirup oder Zuckerrohr-Melasse süßen. 3-mal täglich in kleinen Schlucken vor jeder Mahlzeit. Die sekundären Pflanzenstoffe in Cider und Essig sind entzündungshemmend, so eine Studie der chinesischen Jilin University in Changchun.
8. Zitronenmelisse-Tee besänftigt gereizte Verdauung
1 Handvoll Zitronenmelisse-Blätter mit 250 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen, abseihen. 3 Tassen am Tag. Ihre ätherischen Öle wie Linalool, Citronella beruhigen und entspannen, machen stressresistenter, hat eine Studie der Swinburne University, Melbourne, herausgefunden.
9. Feigenmus relaxt den Darm
6 frische und 12 getrocknete Feigen (über Nacht einweichen) klein schneiden, mit 1 gestrichenem TL Ceylon-Zimt, 2 TL Einweichwasser cremig verrühren. 4- bis 5-mal täglich 1 EL. Flavonoide und Anthocyane stoppen Darmkrämpfe und beschleunigen die Passage von Nahrungsmitteln, weil sie die Darm-Muskulatur relaxen. Das hat eine Studie der Chonbuk National University in Jeonju, Südkorea, ergeben.
Schnelle Entspannung bei Kopfweh und Migräne
10. Triple-Akupressur bringt Ruhe ins Gehirn
Erst den Yin-Tang-Punkt zwischen den Augenbrauen mit Zeige-und Mittelfinger 30 Sekunden fest drücken. Dann die beiden Zan-Zhu-Punkte an der Nasenwurzel unter den Augenbrauen mit Zeigefinger und Daumen 1 Minute sanft massieren. Schließlich den Shuai-Gu-Punkt (etwa drei Fingerbreit über dem Ohr) an beiden Kopfseiten 30 bis 60 Sekunden mit leichtem Druck massieren.
11. Frischer Ingwer bremst Migräne aus
Beim ersten Anzeichen einer Migräne-Attacke 0,5 cm fein gehackten, frischen, geschälten Ingwer kauen und mit etwas Wasser schlucken. Zu scharf? Ingwer auf ½ EL Honig geben. Eine Studie der iranischen Universität Zanjan zeigt, dass der Ingwer-Wirkstoff Gingerin genauso gut hilft wie das Akut-Medikament Sumatriptan. Auch gut: Eine Scheibe Vollkornbrot mit Honig liefert dem Gehirn schnelle Sofort-Energie, kann so einen Anfall aufhalten. (Die Betonung liegt hier auf "kann": In schweren Migränefällen – und das wissen Betroffene wohl am besten – sind Ruhe und das von den Ärzten individuell verschriebene Medikament wohl die beste Wahl. Die hier genannten Tipps können aber unterstützend helfen.)
Entspannung bei Muskel- und Sehnenproblemen
12. Eisbad verwöhnt gestresste Muskeln
Die schnellste Methode, einen Muskelkater zu besiegen, haben jetzt Wissenschaftler der nordirischen Universität Ulster in einer Analyse von 17 klinischen Studien ermittelt: 2 bis 3 Minuten in möglichst kaltem Wasser (10 bis 15 Grad) baden. Das nimmt den Schmerz schneller als Ruhe oder Einreibungen mit Schmerz-Gel. Der Kältereiz entspannt die Muskulatur, nimmt den Schmerz, ohne den Selbstreparatur-Betrieb der Zellen zu stören.
Entspannung bei Regelschmerzen
13. Bauch-Taping entkrampft den Unterleib
Kinesio-Tapes in zwei je 10 cm lange Streifen schneiden. Den ersten auf Höhe der Hüftknochen waagerecht über den Bauch kleben. Den zweiten senkrecht dazu unter den Bauchnabel. Verringert Regelschmerzen und -krämpfe fast sofort, berichtet das japanische Journal of Physical Therapy Science. Die Tapes (6 Rollen ca. 19 Euro, Apotheke) massieren und entspannen die darunterliegenden, verkrampften Gewebeschichten der Gebärmutter.
14. Aromaöl-Massage auch für die Stimmung
15 Tropfen Pfefferminzöl, 5 Tropfen Lavendelöl und 10 Tropfen Zypressenöl in 30 ml Mandelöl geben, gut vermischen, im Wasserbad leicht erwärmen. Den Bauch rund um den Bauchnabel im Uhrzeigersinn damit 5 bis 8 Minuten massieren. Das nimmt die Verspannungsschmerzen und hellt auch eine gedrückte Stimmung auf, so eine Studie der koreanischen Eulji Universität Daejeon.
Entspannung bei Blasenschmerzen
15. Brennnessel-Rooibos-Tee entspannt die Blase
3 EL Rooibos-Teeblätter mit 1 l Wasser aufkochen, zugedeckt 12 bis 15 Minuten ziehen lassen. Je 3 EL fein gehackte Brennnessel-, Pfefferminz-, Melissenblätter (alle Apotheke) in 1 l Wasser aufkochen. 5 Minuten zugedeckt ziehen lassen, abseihen, zum Rooibos-Tee geben. Täglich 3 Tassen beruhigen gereizte Harnwege.
Bedenken Sie aber: Mit einer Blasenentzündung respektive einem Harnwegsinfekt ist nicht zu spaßen. Die bakterielle Entzündung kann unbehandelt bis hoch in die Nieren wandern und dort eine Nierenbeckenentzündung auslösen, die schwere Komplikationen mit sich bringen kann. Bei leichten Blasenentzündungen können Hausmittel wie Tees Abhilfe schaffen – wird die Entzündung aber schlimmer und bleibt über Tage bestehen, ist Blut im Urin und tritt sogar Fieber auf, sollten Sie schnellstmöglich ärztlichen Rat einholen und sich untersuchen lassen.
Mehr zum Experten: Alexander Mallok ist Heilpraktiker, leitet die Spezial-Praxis für naturwissenschaftliche Osteopathie in Hamburg-Alstertal.