So kann ein Gespräch über Deine schwere oder chronische Krankheit gelingen
Für viele Menschen mit schweren oder chronischen Erkrankungen ist es herausfordernd, offen über ihre Krankheit zu sprechen. Diese Schwierigkeit zeigt sich oft nicht nur im familiären Umfeld, sondern auch am Arbeitsplatz, im Sportverein oder in Gesprächen mit ihrem Behandlungsteam. Wie Du gute Kommunikationswege findest und welche Chancen offene Kommunikation für ein selbstbestimmtes Leben mit einer schweren oder chronischen Erkrankung bietet – das erfährst Du hier.
Menschen, die an schweren oder chronischen Erkrankungen leiden, tragen oft nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Last. Eine repräsentative Umfrage1 im Auftrag des forschenden Pharmaunternehmens Bristol Myers Squibb ergab, dass rund jede dritte Person Probleme damit hat, über die eigene Erkrankung und die damit einhergehenden Sorgen und Beeinträchtigungen im Alltag zu sprechen. Dies kann nicht nur das familiäre Umfeld, sondern auch das Arbeitsleben, die Ausübung von Hobbys und den Austausch mit medizinischem Personal betreffen.
Dabei kann es sogar helfen, andere an den eigenen Gedanken teilhaben zu lassen: Rund 66 Prozent der Befragten in der Umfrage gaben an, dass es ihnen wichtig oder sehr wichtig ist, offen über ihre Erkrankung zu sprechen.
Aber warum stellt die offene Kommunikation für viele Betroffene eine Herausforderung dar, und wie können Angehörige unterstützen, um das Gespräch zu erleichtern? Im Folgenden findest Du hilfreiche Tipps, um das erste Gespräch über eine chronische oder schwere Erkrankung sowie alltägliche Herausforderungen besser zu meistern.
Warum es oft schwerfällt, offen über chronische oder schwere Krankheiten zu sprechen
Vielen Betroffenen fällt es schwer, offen über ihre Erkrankung zu sprechen. Die repräsentative Umfrage1, bei der mehr als 1.000 Teilnehmer*innen (Patient*innen und Angehörige) befragt wurden, zeigt die häufigsten Beweggründe für ihre Unsicherheit:
Hinzu kommt, dass viele Betroffene von Unsicherheiten berichten, über ihre eigenen Gefühle zu sprechen und auch vor ihren eigenen Reaktionen beim Aussprechen ihrer Sorgen. Das berichtet die Psychotherapeutin Dr. med. Martina Prinz-Zaiss: "Die Erkrankungen sind oft mit Tabus und mit Scham behaftet".
Vielen bereitet es ebenfalls Unbehagen nicht zu wissen, wie ihr Umfeld und ihre Angehörigen reagieren oder was sie mit einem solchen Gespräch auslösen. Doch genau hier liegt die Chance, sich von inneren Hemmungen zu befreien und die Nähe sowie das Verständnis in Beziehungen zu stärken.
Was Betroffene brauchen, um über ihre Erkrankung offen sprechen zu können, erläutert die Psychologin im Video:
Warum ist es so wichtig, offen über die eigene Erkrankung zu sprechen?
Auch wenn offene Kommunikation herausfordernd sein kann, lohnt es sich, den womöglich schwierigen Schritt zu gehen und sich zu öffnen. Denn transparente Gespräche über gesundheitliche Probleme können befreiend und empowernd wirken, die angesprochenen Ängste abbauen und die Beziehung mit den Angehörigen, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder dem behandelnden Fachpersonal stärken. Zudem kann es dazu beitragen, dass sich Betroffene nicht mehr allein mit ihren Sorgen und Gedanken fühlen.
"Darüber zu sprechen entlastet, hilft und wirkt dieser Einsamkeit und dem Alleinsein mit der Erkrankung entgegen", so Dr. Prinz-Zaiss. Das Reden über die eigene Krankheit wird außerdem als wichtiger Schritt hin zu einem selbstbestimmten Leben und als Säule für den Erfolg einer Therapie in verschiedenen Bereichen angesehen.
Doch nicht jede*r Patient*in möchte über seine/ihre chronische oder schwere Krankheit sprechen – und das ist völlig in Ordnung. Wenn Du Dich im Moment nicht bereit für den Austausch über Deine Bedürfnisse rund um die Erkrankung fühlst, sage das Deinem Gegenüber höflich, aber bestimmt. Solltest Du Deine Meinung irgendwann ändern, kannst Du das Gespräch jederzeit wieder aufnehmen.
Lese-Tipp: Kommunikation als Schlüssel: So bleibt die Beziehung trotz schwerer Krankheit stabil
Wut teilen: Wie das Aussprechen helfen kann
Neben Verzweiflung und vielleicht auch Trauer gibt es noch eine weitere Emotion, die in einem offenen Gespräch thematisiert werden kann: die Wut. Wut auf die Erkrankung, auf die gesunden Menschen und auch auf sich selbst, weil man krank ist. Das offen auszusprechen, kann sehr hilfreich und befreiend sein. Oftmals ist diese Wut neben all den anderen Emotionen ebenfalls präsent, wird jedoch unterdrückt, weil sich Patient*innen selbst nicht erlauben, wütend zu sein.
Martina Prinz-Zaiss betont, dass authentische und offene Kommunikation genau diese Gefühle mit einschließt. Sie erklärt, dass transparente Kommunikation voraussetzt, auch so zu kommunizieren – dabei solle sich jede*r Betroffene vorab überlegen: Was möchte ich eigentlich sagen? Was will ich meinem Gegenüber mitteilen, und was möchte ich für mich behalten? Diese Überlegungen gelten gleichermaßen für Gespräche mit dem nahen Umfeld, im Sportverein oder mit dem Chef/der Chefin.
Tipps, um über schwere und chronische Krankheiten zu sprechen
1. Schaffe einen Raum, in dem Du Dich wohlfühlst
In einer angenehmen Umgebung fällt es uns meist leichter, offen über persönliche Themen zu sprechen. Suche Dir für das Gespräch über Deine Krankheit einen Ort aus, an dem Du Dich wohl und geborgen fühlst – das kann Dein Wohnzimmer, die Wohnung Deiner besten Freundin, ein Meetingraum oder eine Bank im Wald sein. So fällt etwas von der Nervosität und Anspannung von Dir ab.
2. Vermeide Überinformationen
Teile im Gespräch nur so viele Details, wie es sich für Dich richtig anfühlt. Im Austausch mit Deinen Liebsten oder Deinem Arbeitgeber/Deiner Arbeitgeberin kann es ebenfalls hilfreich sein, auf allzu medizinische oder sehr spezifische Erklärungen zu verzichten. Das lenkt oft vom Wesentlichen ab und könnte sowohl Dich, als auch Deine*n Gesprächspartner*in unnötig überfordern.
Versuche Deine Schilderungen eher knapp zu halten, und lasse Raum für Nachfragen. So gibst Du Deinem Gegenüber die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen und gezielt nachzufragen, was für ein besseres Verständnis sorgen kann. Ein gesundes Maß an Informationen kann Dir helfen, das Gespräch im Fluss zu halten, ohne dass es Dich zu sehr belastet.
3. Bringe höflich und bestimmt zum Ausdruck, was Du möchtest und was nicht
Zu guter Letzt ist es wichtig, Deine Bedürfnisse und Wünsche klar zu formulieren, damit Dein Gegenüber weiß, was Du besprechen möchtest – und was eben nicht. Wenn Dir das Gespräch an einem Punkt doch zu unangenehm wird oder Du auf ein Thema nicht eingehen möchtest, ist das ebenfalls völlig in Ordnung.
Lasse Deine*n Gesprächspartner*in freundlich, aber bestimmt wissen, dass Du darüber gerade nicht sprechen willst. Das gilt auch, wenn Du Dich generell noch nicht bereit fühlst, offen über Deine Krankheit zu sprechen.
"Wie finde ich die Worte für das, was mich bewegt?" – Psychotherapeutin Dr. Martina Prinz-Zaiss gibt dazu im Video wertvolle Einblicke und hilfreiche Tipps:
Betroffene unterstützen: Das können Angehörige und Nahestehende tun
Die Verantwortung offen über schwere Erkrankungen zu sprechen, liegt jedoch keineswegs allein bei den Patient*innen. Auch Angehörige, Freund*innen, Arbeitgeber*innen und Nahestehende können durch ein Gespräch dazu beitragen, den Erkrankten eine Last von den Schultern zu nehmen.
Dafür ist es zuallererst wichtig, dass sich Nahestehende damit befassen, was sie in einem solchen Fall sagen dürfen, können und sollen – und was besser nicht. "Es gilt immer fragen statt raten, [...] also nicht Ratschläge geben, bevor Sie gefragt haben, was Ihr erkrankter Angehöriger braucht", so Psychotherapeutin Dr. Martina Prinz-Zaiss. Jegliches Raten, Empfehlen oder gut gemeinte Ratschläge sollten laut der Expertin gänzlich weggelassen werden.
Weitere nützliche Tipps gibt Dr. Martina Prinz-Zaiss im Video:
Es kann auch hilfreich sein, den Betroffenen zunächst einmal Unterstützung zuzusichern und Hilfe in Notsituationen anzubieten. Indem man Patient*innen ermutigt, aktiv und selbstbestimmt über ihre Bedürfnisse und Herausforderungen im Umgang mit der Krankheit zu sprechen, wird der Austausch oft erleichtert. Dabei ist es jedoch wichtig, die Grenzen der chronisch oder schwer erkrankten Person stets zu achten und zu respektieren.
Mit freundlicher Unterstützung von Bristol Myers Squibb