Windpocken – wie wichtig ist die Impfung?
Die meisten hatten als Kinder Windpocken, medizinisch Varizellen – und haben sie gut überstanden. Warum man besser trotzdem impfen sollte!
Windpocken: Eine Krankheit, die viele von uns als Kind bereits hatten – die aber gar nicht so harmlos ist. Was im Körper passiert, und warum ein Schutz wichtig vor der durch Tröpfchen-Infektion übertragbaren Krankheit ist.
Windpocken: Impfen oder nicht?
Aufgrund des häufig milden Verlaufs sind viele Eltern gegen die Windpocken-Impfung. Doch die Impfung gegen Varizellen ist wichtig, denn die hochansteckende Infektionskrankheit ist gefährlicher als gedacht! Diese fünf Gründe sprechen dafür, Ihr Kind mit dem Pikser zu schützen:
Für ein Baby sind Windpocken lebensgefährlich. Der sogenannte "Nestschutz" ist bei Windpocken nämlich nur sehr schwach ausgeprägt. Nestschutz bedeutet, dass das Kind über das Blut der Mutter sowie die sogenannte Vormilch mit Antikörpern gegen Krankheiten versorgt wurde. Der Nestschutz hält etwa bis zu vier Monate nach der Geburt an. Danach dauert es jedoch noch viele Monate, bis sich das Immunsystem des Kindes entwickelt hat.
Komplikationen im Zusammenhang mit Neurodermitis
Kinder, die Neurodermitis haben und an Windpocken erkranken, können ernste Komplikationen entwickeln und müssen deshalb oft sogar ins Krankenhaus. Die Windpocken jucken sehr stark, außerdem löst die Krankheit häufig einen Neurodermitis-Schub aus. Vermehrtes Kratzen kann dann zu einer bakteriellen Infektion der Haut führen, im schlimmsten Fall zu einer Blutvergiftung (Sepsis).
Besondere Gefahr für Mutter und Kind in der Schwangerschaft
Der weibliche Körper macht in der Schwangerschaft viele Veränderungen durch: Unter anderem fährt das Immunsystem seine Aktivität herunter. Diese Erscheinung dient dem Schutz des ungeborenen Kindes. Allgemein nehmen Infektionen in der Schwangerschaft deshalb sehr schwere Verläufe. Eine schwangere Frau ist daher noch stärker durch Windpocken gefährdet als jeder andere Erwachsene.
Windpocken in der Schwangerschaft führen dreimal so häufig zu einer Lungenentzündung (Pneumonie) als bei anderen Personen. Auch die Sterblichkeitsrate bei einer durch die Varizellen ausgelösten Pneumonie steigt erheblich an. Weitere Komplikationen wie Nackensteife als Vorbote einer Hirnhautentzündung oder Störungen des Gleichgewichtssinns sind ebenfalls häufig. Oft ist auch der Krankheitsverlauf signifikant verlängert.
Dem ungeborenen Kind droht durch die Windpocken-Viren das sogenannte fetale Varizellen-Syndrom. Die Folgen dieser Erkrankungen reichen von Hautdefekten beim Ungeborenen, über Schädigungen des Nervensystems bis hin zu einer Fehlgeburt. Auch Erkrankungen der Augen und des Skeletts wurden als Folge der Windpockeninfektion beim ungeborenen Kind beobachtet.
Besonders gefährlich ist eine Infektion des Fötus zwischen der 8. und 21. Schwangerschaftswoche. In dieser Zeit ist die Wahrscheinlichkeit ernster Folgeschäden für das Kind am größten. Zu anderen Zeiten der Schwangerschaft ist das Virus ebenfalls auf das Kind übertragbar. Eine Infektion bleibt aber vielfach folgenlos.
Hoch riskant ist eine Infektion des Kindes während der Geburt oder kurz danach. Tritt der typische Windpockenausschlag beim Säugling zwischen dem 6. und 11. Lebenstag auf, muss massiv antiviral behandelt werden. Unbehandelt sterben 25 Prozent der Neugeborenen.
Windpocken sind auch für Erwachsene eine Gefahr
Erwachsene, die an Windpocken erkranken, haben ein hohes Risiko, Komplikationen zu entwickeln, etwa Lungenentzündung und Hirnhautentzündung. Daher ist ein Schutz wichtig. Kinderkrankheiten sind oft für Erwachsene besonders gefährlich.
Wer Windpocken hatte, trägt zudem ein hohes Risiko, später an Gürtelrose (Zoster) zu erkranken. Denn das Varizella-Zoster-Virus, der Auslöser der Windpocken – übrigens eine Herpes-Art –, verschwindet nach überstandener Erkrankung nicht gänzlich aus dem Körper. Einige Viren überleben in Nervenknoten und werden, wenn die Immunabwehr stark schwächelt, reaktiviert. Gürtelrose (Zoster) kann schwere Folgen haben, etwa starke, chronische Schmerzen. Studien zeigen, dass Menschen, die gegen Windpocken geimpft sind, deutlich seltener an Zoster-Gürtelrose erkranken oder die Infektion zumindest milder verläuft.
Windpocken-Impfung: Einmal reicht nicht
Die Stiko (Ständige Impfkommission) empfiehlt darum die erste Impfung gegen Varizellen im Alter von elf bis 14 Monaten, gemeinsam mit der Masern-Mumps-Röteln-Impfung. Dabei soll die Injektion nicht an der gleichen Stelle gegeben werden wie die MMR-Impfung, also nicht als Vierfach-Kombinationsimpfung, wie sie früher empfohlen wurde. Auf diese Weise wird die Immunisierung noch besser vertragen.
Die zweite Dosis erfolgt mindestens zwei Monate später, zwischen 15 und 23 Monaten. Diese Auffrischimpfung kann als Vierfach-Kombinationsimpfung MMRV (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) gegeben werden. Zwischen den beiden Impfungen sollte mindestens ein Abstand von vier bis sechs Wochen haben.
Windpocken trotz Impfung?
Die Impfungen schützen in erster Linie vor schweren Verläufen der Krankheit. Vor Einführung der Windpocken-Impfung im Jahr 2004 gab es in Deutschland pro Jahr etwa 750.000 Erkrankungen. In den ersten acht Jahren danach ging diese Rate um 85 Prozent zurück, wie das Robert-Koch-Institut berichtet. Allerdings ist es möglich, trotz Impfung Windpocken zu bekommen. Das ist sehr selten, die Infektionskrankheit verläuft dann jedoch in der Regel mild und ohne Komplikationen.
Sollten Sie oder Ihre Angehörigen doch an Windpocken erkranken, denken Sie ans Kratzverbot – sonst drohen Narben oder eine Blutvergiftung. Wie Sie deren Anzeichen erkennen, erfahren Sie hier.
Bei Windpocken ist die richtige Hautpflege wichtig. In der Apotheke gibt es Cremes, die auch den Juckreiz schwächen.