Leben mit Typ-2-Diabetes: Was du selbst tun kannst
Typ-2-Diabetes ist weit verbreitet und oft unterschätzt: Die Erkrankung entwickelt sich schleichend und bleibt lange unbemerkt. Dabei kann ein dauerhaft erhöhter Blutzucker schwere Folgeerkrankungen verursachen. Umso wichtiger ist es, Betroffene und Interessierte umfassend über Prävention und Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Genau das war das Ziel der FUNKE Health Academy, die am 26. November 2024 eine Infoveranstaltung zum Thema Typ-2-Diabetes in Hamburg veranstaltete.
Die Veranstaltung, die ganz im Zeichen der Patient*innen stand, bot spannende Vorträge, wertvolle Tipps und Antworten auf ganz individuelle Fragen. Durch den Abend führte Wissenschaftsjournalistin Dr. Andrea Bannert mit den Experten Dr. Oliver Schubert-Olesen, Diabetologe und Leiter des Diabeteszentrums Hamburg City, und Anna Maria Hopp, erfahrene Diabetesberaterin und Ernährungsexpertin.
Was ist Typ-2-Diabetes?
Typ-2-Diabetes ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper nicht mehr ausreichend auf das Hormon Insulin reagiert oder zu wenig davon produziert. Das kann zu einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel führen. Dr. Schubert-Olesen erklärt:
"Insulin ist dafür zuständig, Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren, wo er als Energie genutzt wird. Wenn das Insulin nicht mehr richtig wirkt, steigt der Blutzuckerspiegel, was langfristig Entzündungen und Schäden an Blutgefäßen verursachen kann."
Typ-2-Diabetes hat viele Ursachen, von genetischer Veranlagung bis hin zu Lebensstilfaktoren. Das Klischee, dass nur Übergewicht verantwortlich ist, widerlegt Dr. Schubert-Olesen klar: "Gewicht ist ein Faktor, aber längst nicht der einzige. Diabetes wird vor allem durch die Genetik bedingt." Doch Betroffene können einiges tun: "Es ist wichtig, die Erkrankung aktiv zu managen. Man kann bei Diabetes selbst das Zepter in die Hand nehmen und die Krankheit durch Verhalten steuern und beeinflussen und so die Kontrolle über den eigenen Körper behalten."
Ernährung: Kleine Veränderungen, große Wirkung
Wie können Patient*innen ihren Alltag anpassen? Expertin Anna Maria Hopp betont, dass bei der Ernährung keine Lebensmittel verboten sind, sondern die Menge und Kombination entscheidend sind. Ein zentrales Prinzip: Ballaststoffe helfen, den Blutzucker zu stabilisieren, wenn sie zusammen mit Kohlenhydraten verzehrt werden. Generell ist die Reihenfolge der Ernährung oft ausschlaggebend. Ein Beispiel: "Ein Weizenbrötchen allein lässt den Blutzucker rasch ansteigen. In Kombination mit Ei oder Joghurt bleibt der Blutzucker jedoch stabil."
Sie rät dazu, Lebensmittel bewusst auszuwählen und zu kombinieren:
- Obst: Alles ist erlaubt, aber Sorten wie Bananen oder Weintrauben haben mehr Zucker. Tipp: Mit eiweißreichen Lebensmitteln kombinieren, z. B. Naturjoghurt.
- Reihenfolge: Eiweiße und Fette zuerst, dann Kohlenhydrate – so bleibt der Blutzucker konstanter.
- Ersatzzucker: Unproblematisch für den Blutzucker, aber nicht im Übermaß konsumieren, da einige abführend wirken können.
Ein weiterer Tipp: Achtsames Essen. "Es dauert 15 bis 20 Minuten, bis das Sättigungsgefühl eintritt. Deshalb sollte man langsam essen, gut kauen und Ablenkungen wie Fernsehen vermeiden," rät Hopp.
Bewegung: Ein Schlüssel zur Gesundheit
Bewegung ist für Menschen mit Typ-2-Diabetes essenziell. Sie unterstützt den Zuckerstoffwechsel und hilft beim Gewichtsmanagement. Anna Maria Hopp empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche oder 75 Minuten intensivere Aktivitäten wie Schwimmen oder Radfahren. Besonders effektiv sei eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining. Für Anfänger*innen oder Menschen mit Einschränkungen des Bewegungsapparates eignen sich gelenkschonende Optionen wie Reha-Sport oder spezielle Yoga-Kurse.
Moderne Messgeräte: Glukosewerte verstehen
Eine der spannendsten Entwicklungen im Diabetesmanagement sind kontinuierliche Glukosemesssysteme (CGM). Diese Sensoren messen den Zuckerwert im Unterhautfettgewebe und zeigen, wie sich Ernährung, Bewegung oder Stress auf den Blutzucker auswirken.
Dr. Schubert-Olesen erklärt: "Das System ermöglicht es, nicht nur den aktuellen Wert zu sehen, sondern auch, in welche Richtung sich der Blutzucker entwickelt. Patient*innen können so frühzeitig reagieren und Unter- oder Überzuckerungen vermeiden. Außerdem sehen Betroffene in Echtzeit, welche Maßnahmen – wie Bewegung oder Ernährungsanpassungen – tatsächlich einen positiven Effekt haben."
Wann sollte gemessen werden? Am besten morgens auf nüchternen Magen oder eine Stunde vor den Mahlzeiten. Direkt nach dem Essen sind die Werte oft zu stark durch die Mahlzeit beeinflusst, was die Ergebnisse weniger aussagekräftig macht.
Auswirkung von Stress: Ein weiterer Faktor, der die Werte beeinflussen kann, ist Stress. Stresshormone wie Cortisol lassen den Blutzucker steigen, auch wenn keine Nahrung aufgenommen wird. Dieses Wissen hilft Patient*innen, stressbedingte Schwankungen besser einzuordnen und Strategien zur Entspannung in den Alltag einzubauen.
Was ist ein "guter" Blutzuckerwert? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da die idealen Werte individuell unterschiedlich sind. Dr. Schubert-Olesen betonte: "Wir passen nicht alle in eine Schublade. Als grobe Faustregel gilt: Je jünger die Person, desto niedriger sollten die Blutzuckerwerte sein."
Mit diesen Messsystemen können Patient*innen ihre Krankheit aktiv steuern und den Verlauf positiv beeinflussen. Die Technologie ermöglicht ein besseres Verständnis des eigenen Körpers und gibt wichtige Impulse für die richtige Therapie.
Gemeinsam stark gegen Diabetes
Die Veranstaltung endete mit einer offenen Fragerunde, in der die Teilnehmenden ihre persönlichen Anliegen mit den Expert*innen besprechen konnten. Die zentrale Botschaft der Veranstaltung: Mit der richtigen Balance aus medizinischer Betreuung, einer bewussten Lebensweise und moderner Technologie können Menschen mit Typ-2-Diabetes aktiv ihre Gesundheit stärken und ihr Leben positiv gestalten.
Die FUNKE Health Academy hat eindrucksvoll gezeigt, dass Typ-2-Diabetes kein unüberwindbares Hindernis ist. Stattdessen ist es eine Erkrankung, die – mit dem richtigen Wissen und gezielten Maßnahmen – kontrollierbar ist. Dieses Wissen trägt nicht nur zur Stärkung der Gesundheit bei, sondern gibt den Betroffenen auch mehr Lebensqualität und Selbstvertrauen.