Die Forschungsfalle

Frauen brauchen eine andere Medizin

Älteres Paar, das gemeinsam im Freien joggt. Beide sehen glücklich und entspannt aus, während sie durch eine von Bäumen gesäumte Straße laufen.
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Sie hängt ihn ab? Bei Medikamenten-Studien liegen meist die Männer vorn

Mann und Frau sind nicht gleich – und das muss endlich auch bei der gesundheitlichen Versorgung beachtet werden. Professorin Gertraud Stadler von der Berliner Charité kämpft jeden Tag dafür.

”Frauen werden anders krank und anders gesund”

Mann und Frau brauchen unterschiedliche gesundheitliche Versorgung: Interview mit einer Expertin

BILD der FRAU: Liebe Frau Professorin Stadler, in den meisten medizinischen Studien ist ein 75 kg schwerer Mann der Maßstab. Was bedeutet das für Frauen?

Professorin Gertraud Stadler von der Berliner Charité | © Wiebke Peitzl/Charité
Foto: Wiebke Peitzl/Charité
Professorin Gertraud Stadler von der Berliner Charité

Gertraud Stadler, Professorin für geschlechtersensible Präventionsforschung: Das hat weitreichende negative Konsequenzen – von der Prävention über die Diagnose und Behandlung bis hin zur Überlebenswahrscheinlichkeit von Frauen.  Ein Beispiel ist der Herzinfarkt: Frauen wissen oft nicht, dass sie das gleiche Risiko haben wie Männer, und reagieren deshalb später auf ihre Symptome. Dann wird ihr Herzinfarkt auch noch in der Klinik  später diagnostiziert und weniger konsequent behandelt. Selbst in die wichtige Reha kommen sie seltener. Letztlich sterben mehr  Frauen am Herzinfarkt als Männer, auch weil ihre Symptome und Daten weniger bekannt sind. Aber das ändert sich zum Glück  gerade.

Laut EU-Verordnung sollen jetzt mehr Frauen in Medikamenten-Tests einbezogen werden. Ist damit alles gut?

Nein, denn das betrifft ja  nur neu zuzulassende  Medikamente. Grundsätzlich haben Frauen auch ein höheres Risiko für Nebenwirkungen. Unser Einheitsansatz, allen Erwachsenen die gleiche Dosis zu geben, schadet ihnen – gerade  leichtgewichtigen, älteren Frauen. Wir haben aber nicht die Daten, um die Dosis fundiert anpassen zu können. Häufig setzen die Frauen die Mittel dann ganz ab. Was natürlich auch nicht gut ist.

Frauen später in Studien einzubeziehen, erfordert mehr Aufwand

Warum werden Medikamente bis heute ungern auch an Frauen erforscht?

Zu Beginn von Medikamenten-Tests geht es darum, Giftigkeit auszuschließen. Dafür braucht man eine möglichst homogene  Gruppe von Probanden und nimmt dafür gern junge Männer. Später  Frauen in Studien einzubeziehen, ist inzwischen gut machbar, erfordert aber größere Studien und etwas mehr Aufwand: Sie müssen etwa beachten, wo Frauen gerade in ihrem Zyklus  sind, ob sie hormonelle Verhütung nutzen und dass sie schwanger werden können.

Auch Wechseljahrs-Forschung gibt es kaum. Warum?

Die Wechseljahre sind so vielschichtig, dass es große und damit teure Studien bräuchte. Da fehlt bisher der politische Wille zur  Finanzierung, obwohl so viele Frauen betroffen sind.

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