Das Broken Heart-Syndrom trifft zu 80 Prozent Frauen
Dr. Umes Arunagirinathan kam als 13-jähriger Flüchtling allein nach Deutschland. Heute hat der Herzchirurg auch den Unterschied von Männer- und Frauenherzen im Blick.
Interview mit einem Herzchirurgen zum Unterschied von Männer- und Frauenherzen
BILD der FRAU: Sie haben als Kind den Bürgerkrieg in Sri Lanka miterlebt. Ihre Mutter hat Sie nach Deutschland bringen lassen. Wie war das?
Dr. Arunagirinathan: Eigentlich sollte die Reise zu meinem Onkel nach Hamburg nur eine Woche dauern, sagte der Schlepper meiner Mutter. Es wurden Monate. Mit Stationen in Singapur, Togo, Ghana, Benin, Nigeria. Über Madrid bin ich schließlich in Frankfurt gelandet. In Erinnerung ist mir ein Zollbeamter dort. Ich hatte Angst vor Männern in Uniform. Aber dieser Mann, dessen Sprache ich nicht verstand, gab mir eine Tafel Schokolade. Ich war so dankbar und erleichtert, endlich in Sicherheit.
Ihr Buch "Herzensdinge" kann man auch als Laie verstehen. Warum war Ihnen das wichtig?
Ich möchte Menschen in die Lage versetzen, Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Bevor sie krank werden. Für diese Gespräche ist in der Klinik meist leider kaum Zeit. Tatsächlich ist ein aufgeklärter Patient der schneller Gesunde. Ich möchte mich mit Menschen immer auf Augenhöhe unterhalten. Vertrauen ist die Basis für eine effektive Therapie.
Sie sprechen in Ihrem Ratgeber auch die Unterschiede von Männern und Frauen als Patienten an.
Ich beobachte in der Klinik: Ein Mann, der eine Frau an seiner Seite hat, kommt gesünder aus der Klinik als ein alleinstehender. Frauen kümmern sich einfach um andere. Und es sind die Ehefrauen, die die kritischen Fragen stellen und die Krankengeschichte aus dem Kopf wissen.
Frauen nehmen ihre Schmerzen nicht ernst genug
Dabei werden Frauen selbst oft schlechter medizinisch versorgt.
Ja, das ist tragisch! Die Kenntnisse von der anderen Reaktion von Frauen auf Medikamente oder ihre anderen Symptome sind noch zu wenig verbreitet. Da müssen wir Ärzte und Ärztinnen besser werden. Auch besser zuhören. Und die Frauen müssen lernen, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Denn eigentlich ist ihre Gesundheits-Wahrnehmung viel feiner als bei Männern. Sie bewerten ihr Befinden jedoch anders und nehmen ihre Schmerzen z.B. nicht ernst genug.
Sie haben sich mit dem Broken-Heart-Syndrom beschäftigt. Warum sollten Frauen – und Ärzte – davon gehört haben?
In Situationen emotionaler Belastung kann es zu einem Herzleiden kommen, das sich später zu einem Infarkt auswächst. Jahrelang hat man das nicht ernst genommen. Das Syndrom trifft zu 80 Prozent Frauen. Und bei Ihnen zeigt sich ein Infarkt dann oft nicht über Brustschmerzen, sondern mit Luftnot oder Oberbauchschmerzen. In einem solchen Fall sollten Frauen immer sofort zum Arzt und ihn über die Situation informieren.
Was ist das Wichtigste, das wir fürs Herz tun können?
Mehr Bewegung! Und zu wissen, was man isst. Dann isst man automatisch etwas besser. Und Liebe im Leben tut dem Herzen gut – sie zu geben und zu empfangen.
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